Holles Garten Blog

Hexen

Am letzten Wochenende machten I. und ich eine kleine Tour durchs Dosenmoor bei Neumünster. Dort entdeckte ich eine Pflanze, die ich noch nie gesehen habe und die an Calla erinnerte. Tatsächlich ist es eine Callaart, die Schlangenwurz, die an so speziellen Orten wie eben Mooren wächst. Ein paar Tage vorher war ich bei J., der mir ein recht großes Stück Land zeigte, das die Stiftung Naturschutz gekauft hat. Es war gerade frisch durchgegrubbert und etliche Mulden für Teiche angelegt worden. Ich vermute, daß dort ebenso wie bei Stodthagen ganzjährig Rinder leben und die Teiche Lebensraum für diverse Tiere bieten sollen. Über der gegrubberten rohen Erde stiegen Lerchen laut singend auf und nieder und von dem Entzücken darüber habe ich den Rest des Tages gezehrt. Lerchen gehörten zu den Sommern meiner Kindheit: wenn wir Oma und Opa in den Ferien in Uslar besuchten, hörte und sah ich immer die Lerchen über den damals noch reichlich vorhandenen Wiesen. Diese Vögel sind für mich der Inbegriff schierer Lebensfreude; ihr jubelnder Gesang ist so schön! Ich glaube, die Natur regeneriert sich sehr schnell wieder, wenn wir sie in Ruhe lassen. Gestern habe ich auf Kerstin Chavents Blog bewusstseinimwandel.blogspot.com den Post Gesundheit gelesen, den ich klar und klug finde. Ein Zitat daraus:

Alles, was die Natur braucht, ist, dass wir sie in Ruhe lassen. Hören wir also auf damit, ständig in die natürlichen Prozesse einzugreifen und es Fortschritt zu nennen. Nehmen wir die Finger aus dem Spiel und lassen wir die Natur machen, so, wie sie es Milliarden Jahre ohne uns getan hat. Sie braucht nicht unser Know How. Sie hat ihre eigene Intelligenz, ihre eigene Biologie, ihre eigene Sprache des Lebens: bio-logos. Lernen wir, diese Sprache erneut zu verstehen.

Ich bin im bereits erwähnten Buch Caliban und die Hexe von Silvia Federici mittlerweile beim Kapitel über Hexenverfolgungen. Ich verstehe immer mehr, wie und warum es dazu kam, daß in der beginnenden Neuzeit eine systematische und durchaus geplante Abwertung des Weiblichen ihren Anfang nahm und wem das dienen sollte. Bis dahin konnten Frauen zumindest in Mitteleuropa noch relativ selbstbestimmt leben. Sie konnten Berufe ergreifen, die man später als Männerberufe bezeichnete. So gab es Baumeisterinnen, die in den geheimnisvollen Bauhütten arbeiteten, ebenso waren Frauen Mitglieder in Handwerkergilden. Und dann nahmen die Herrschenden, also die Reichen und die Kirchen, den Frauen nach und nach alles: ihre Selbstbestimmung, die Entscheidung, ob sie Kinder bekommen wollten oder nicht, das Heilwissen, Wissen um Verhütung und Schwangerschaftsabbrüche, ihre sexuelle Selbstbestimmung. Ihr Lebenszweck war von dem Zeitpunkt an Gebärmaschine zu sein, die dem Staat neue Arbeitskräfte lieferte. Das Frauenbild, mit dem ich noch aufgewachsen bin, nahm in dieser Zeit seinen Anfang: Frauen seien emotional, könnten nicht logisch denken, hätten in Führungspositionen nichts zu suchen, seien da, um Mann und Kinder zu versorgen. Frauen sind systematisch seelisch und geistig verstümmelt geworden. Sie wurden für minderwertig befunden, galten als unperfekte Geschöpfe, die Männer mit Magie verführten und verdarben. Die Männer, die diese Behauptungen aufgestellt und durchgesetzt haben, waren von Frauen geboren worden. Also – anders kann ich es nicht verstehen – mussten sie sich selbst hassen und verabscheuen, wenn sie Frauen hassten und verabscheuten. Unsere Körper tragen diese traumatischen Erfahrungen in ihrer DNA. Es wird Zeit brauchen, diese Verzerrungen unserer Lebendigkeit zu heilen, unsere freie und wilde Kraft wieder zu entfalten.

Vielleicht würden sich ohne diese Geschichte extremer Gewalt gegenüber Frauen die ganzen derzeitigen Fragen, ob eine oder einer Mann oder Frau oder irgendwas anderes sein will, gar nicht stellen. Ich bin übrigens zweimal gefragt worden, ob ich ein Mann hätte sein wollen: einmal von dem Therapeuten, der mich während meiner Körpertherapieausbildung begleitete und vom Leiter einer Selbsterfahrungsgruppe. Nein, ich wollte nie ein Mann sein, aber ich wollte auch keine von den reduzierten Frauen sein, die ich in meiner Kindheit und Jugend erlebt habe. Aber diese Fragen zeigen, daß ich offensichtlich nicht den Klischees dieser Männer von Frauen entsprach.

Die Methoden, mit denen damals wie heute gearbeitet wird, um Menschen umzuformen und gefügig für Herrschaft zu machen, haben sich nicht wesentlich geändert. Das haben die letzten drei Jahre deutlich gezeigt. Das Hauptmittel ist das Erzeugen von Angst, dann das Diffamieren von Menschen, die ein anderes als das Herrschaftsnarrativ erzählen. Heute verbrennt man nicht mehr auf Scheiterhaufen, dafür lässt man Leute, deren „Verbrechen“ darin besteht, die Wahrheit verbreitet zu haben, im Gefängnis vergammeln wie Julian Assange. Oder man diffamiert sie, verhindert, daß sie öffentlich auftreten können wie z. B. Daniele Ganser, zensiert ihre Äußerungen im Internet und verbreitet Lügen über sie.

Ich bin all den Frauen so dankbar, die sich daran gemacht haben, das große Thema Hexenverfolgungen zu bearbeiten. Pionierinnen waren Frauen wie Starhawk und Mary Daly und soviele andere, daß ich sie gar nicht aufzählen kann. Nun liegt es an uns, uns unsere Lebendigkeit, unser Heilwissen, unsere freie Sexualität wieder zurückzuholen. Ich glaube übrigens, daß davon auch die Männer profitieren werden. Aber um ihre eigene Heilung müssen sie sich natürlich selbst kümmern.

 

Freispruch

Heute fand der Prozess gegen Sucharit Bhakdi am Amtsgericht Plön statt. Professor Bhakdi ist in den letzten drei Jahren als unermüdlicher und mutiger Mahner vor den mRNA-„Impfstoffen“ weiten Kreisen bekannt geworden. Obwohl er heftigen Gegenwind von der Seite bekam, die auf Biegen und Brechen die gentechnische Behandlung in die Körper der Menschen bringen wollte, hörte er nicht auf sich zu Wort zu melden. Er verstand es auch, die Wirkungsweise dieser fragwürdigen Behandlung verständlich zu machen. Bevor ich genau wusste, wie sie funktionierte, stand für mich schon fest, daß ich mir diese Injektion auf gar keinen Fall geben lassen würde, einfach deshalb, weil ich durch Erfahrungen mit meinen Kindern zur Impfskeptikerin geworden bin. Aber dank Professor Bhakdi konnte ich verstehen, was genau in unseren Körpern geschieht, wenn er die Information bekommt, ununterbrochen Spike-Proteine zu bilden. Die Institutionen, die uns beherrschen und professionell die öffentliche Meinung manipulieren, konnten solche kritische Stimmen nicht akzeptieren. Einen Rausschmiss hat Professor Bhakdi nicht riskiert, da er bereits in Pension ist, aber man hat versucht, ihm Volksverhetzung und Antisemitismus anzuhängen, um seinen Ruf nachhaltig zu schädigen. Der Vorwurf des Antisemitismus geht auf ein Interview zurück, daß Bhakdi Kai Stuht im April 2021 unter dem Titel Die Impfung! Die Hölle auf Erden! gegeben hat. Kann man im Netz noch auf Kai Stuhts Seite finden.

Ich bin Professor Bhakdi im Sommer 2021 begegnet und habe ein paar Worte mit ihm gewechselt. Dabei habe ich ihn als sehr reflektierten und freundlichen Menschen kennengelernt.

Heute Morgen bin ich zu seinem Prozess gefahren. Obwohl ich früh losgefahren war – ich habe keinen weiten Weg – war die Straße, an der sich das Amtsgericht befindet, schon vollgeparkt und auf den Bürgersteigen bewegten sich Menschenmengen Richtung Gericht. Dort befand sich auch schon Polizei, die so ausgerüstet war, als erwarte sie eine Schlacht. Wie einer der Anwälte später der Presse mitteilte, hatte man es für nötig befunden, für diesen Tag ein Sondereinsatzkommando zu bestellen. Wir waren mehrere Hundert, kamen natürlich nicht in den Gerichtssaal und hielten dann draußen bei leichtem Regen die Stellung, um unsere Solidarität zu zeigen und das Geschehen mit freundlicher Energie zu unterstützen. Es gab viele Treffen mit bekannten Menschen, viele Umarmungen und gute Gespräche. Als Bhakdi und seine Frau Karina Reiss auf Fahrrädern ankamen, wurde begeistert geklatscht und im Chor „Danke“ gerufen.

Ich blieb etwa zwei Stunden da und ging zu meinem entfernt geparkten Auto, als der Regen stärker wurde. Den Rest habe ich dann aus dem Internet erfahren. Schon am Mittag zeichnete es sich ab, daß es auf einen Freispruch hinauslief. Nur die Oberstaatsanwältin versuchte noch ein paar Nebelkerzen zu werfen, konnte aber den Richter nicht überzeugen.

Passenderweise lese ich gerade das Buch Caliban und die Hexe der italienischstämmigen Philosophin Silvia Federici. Sie beleuchtet die Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit im Zusammenhang mit der Entstehung des Kapitalismus und bestätigt nicht nur die Erkenntnisse von Heinsohn und Steiger (Die Vernichtung der weisen Frauen), sondern stellt das Ganze in einen noch umfangreicheren historischen Kontext. Man hat damals von staatlicher Seite dafür gesorgt, daß das Heilwissen der Frauen, speziell der Hebammen, aufs Brutalste zurückgedrängt wurde und zeitgleich das Begleiten von Gebärenden zur Aufgabe von Männern gemacht. Es ging darum, den Frauen die Selbstbestimmung über ihren Körper wegzunehmen und sie zu Gebärmaschinen zu machen, die den Staat mit Arbeitskräften und Soldaten versorgten. Heute ist es, zumindest in Europa, nicht mehr üblich, Frauen zu verbrennen, aber die Selbstbestimmung über unsere Körper liegt immer noch weitgehend in den Händen von „Experten“. Es liegt an uns, uns das Wissen um körperliche und seelische Heilung wieder zurückzuholen. Das bringt uns wieder in Verbindung mit uns selbst und den großen schwingenden Feldern, die am Grunde von allem wirken.  Es gibt uns Selbstwirksamkeit und Eigenmacht und nebenbei würde es das sogenannte Gesundheitssystem, das eine riesige Goldgrube für einige wenige Superreiche ist, aushungern, Tierversuche beenden, die Verseuchung des Wassers und der Erde mit Antibiotika und Hormonen stoppen. Der erste Schritt dazu ist, die eigene Wahrnehmung wieder zu kultivieren und ihr ohne Wenn und Aber zu glauben.

Unken

Gestern bekam ich Besuch von H., der sich gerade in Deutschland aufhält. Wir machten einen langen Spaziergang zum Selenter See und aßen köstlichen Schokoladenkuchen im Badehaus. Ich freute mich über den reichlich am See vorhandenen Baldrian, der kurz vor der Blüte steht, die Bachnelkenwurzpflanzen mit ihren hübschen rosafarbenen Blüten und das bittere Schaumkraut, das ähnlich wie Brunnenkresse schmeckt. Wenn eine die Augen aufmacht, kann sie soviel Schönheit und Vielfalt entdecken. Wir hatten gute Gespräche über Gemeinschaften und die Notwendigkeit, lebensfördernde Strukturen von unten entstehen zu lassen. Und darüber, wie schwer und gleichzeitig notwendig es in diesen Zeiten der Spaltung ist, miteinander im Gespräch zu sein und es auszuhalten, daß die Sichtweisen oft weit auseinander gehen.

Eine meiner Mitwahlhelferinnen hat mir beschrieben, wie ich im nahegelegenen Wald zu einem Tümpel komme, in dem Rotbauchunken leben. Ich habe den seltsamen Ruf dieser Tiere zum ersten Mal 2009 in Mecklenburg-Vorpommern in der Nähe der Boitiner Steinkreise gehört und seitdem bin ich hinter ihnen her. K. nennt den Ruf „mystisch“, was ich ziemlich passend finde. Ich kann ihn gar nicht beschreiben, aber er geht mir jedes Mal, wenn ich ihn höre, ans Herz. Unken brauchen natürliche stehende Gewässer und die sind selten geworden. Somit gehören sie zu den Wesen, die durch unsere Zivilisation bedroht sind. Vor einigen Jahren waren L. und ich bei einem von der Stiftung Naturschutz arrangierten „Froschkonzert“ in Stodthagen. Das hat mir nicht gefallen: es waren sehr viele Menschen da und man holte Unken aus dem Wasser und packte sie in Plexiglasgefäße, damit man sie genau ansehen konnte. Da strampelten die kleinen Tiere dann herum und ich konnte buchstäblich ihre Panik fühlen. Ich verstehe durchaus das Bedürfnis sie ansehen zu wollen. Aber sie tun mir so leid und ich habe einen immer größeren Widerwillen gegen die Selbstverständlichkeit, mit der wir uns anderer Lebewesen bemächtigen. L. und ich bewegten uns von der Menschenansammlung weg zu einem anderen Tümpel, wo wir allein waren. Man pfiff uns zurück mit der fadenscheinigen Begründung, daß Kühe auf der Weide seien und wir uns daher mit unseren Alleingängen in Gefahr begäben.

Heute am Spätnachmittag machte ich mich auf den Weg. Ich ließ das Fahrrad am Waldrand zurück und ging den beschriebenen Weg, dachte ich jedenfalls. Aber ich kam nicht zum Tümpel. Da folgte ich meinem inneren Kompass, verließ die Wege und ging einfach querfeldein. Nach einer Weile hörte ich durch das ständige Sausen des Windes in den Bäumen ein anderes Geräusch und dann stand ich am Teich und hörte die  melancholischen Rufe der Unken. So schön! So besonders!

Heute habe ich die letzten Holzscheite aufgestapelt. Eine Kröte hatte sich darunter verkrochen und suchte nach einem neuen Unterschlupf. Ich fühlte den Impuls, sie hochzunehmen und an einen Platz zu bringen, der mir passend erschien. Aber ich gab diesem Impuls glücklicherweise nicht nach. Irgendetwas sagte mir, daß die Kröte ihren Platz viel besser selbst finden würde. So war es auch: sie kroch unter die Zinkbadewanne am Schuppen. Manchmal greife ich aber ein: heute Morgen rettete ich einen Spatz, der im Gewächshaus gegen die Glasscheiben flog. Ich nahm seinen kleinen leichten Körper in beide Hände und als ich sie wieder öffnete, flog er in die Freiheit.

Wahl

Es ist schon lustig, daß eine, die so gar nichts für die repräsentative Demokratie übrig hat, in den Wahlvorstand berufen wird. Genau das ist mir, der jahrzehntelang überzeugten Nichtwählerin (tatsächlich habe ich nur zweimal in meinem Leben gewählt) geschehen. Ich bekam vom Amt einen Brief mit der Aufforderung, die Funktion der stellvertretenden Wahlvorsteherin für die Kreis- und Gemeindewahl zu übernehmen. Gut, warum nicht! Ist vielleicht eine interessante Erfahrung. Ohnehin glaube ich, daß auf Kommunalebene noch andere Dinge möglich sind als in höheren Etagen, wo die Lobbyisten ein- und ausgehen, Politik und Kapital eng verflochten sind und Korruption zur Normalität gehört, wie wir zur Zeit so deutlich vorgeführt bekommen.

Erstmal musste ich eine Schulung besuchen. Die dauerte etwas mehr als zwei Stunden, in denen ein 97seitiges Buch durchgearbeitet wurde, glücklicherweise in sehr großer Schrift und mit vielen Beispielen von gültigen und ungültigen Wahlzetteln. Nach der Schulung hatte ich Zweifel, daß ich zu dieser Aufgabe in der Lage sein würde. Alles wirkte überaus kompliziert. Aber glücklicherweise war ich nicht allein und hatte ein Frau an der Seite, die sich sehr viel besser auskannte. Insgesamt waren wir acht Frauen, seltsamerweise keine Männer dabei. Vier machten die Frühschicht, vier die Spätschicht.

Wir hatten nicht viel zu tun. Ab und zu kamen Menschen zum Wählen. Manche brauchten kleine Anweisungen, z. B. auf welche Weise der Wahlzettel zusammenzufalten sei. Manche blieben eine Weile da um zu schnacken. Einer bot an, für uns neuen Kaffee zu kochen, was wir annahmen. Für uns gab es belegte Brötchen, für die Kinder Süßigkeiten. Draußen schien die Sonne und ich fing zwischendurch Wespen und Bienen, die sich in den Saal verirrt hatten, und ließ sie nach draußen. Alles war sehr entspannt.

Um 18:00 kam die Frühschicht wieder ins Wahllokal und die Stimmenauszählung begann. Gleichzeitig füllte sich auch der Raum mit den Kandidaten und anderen Dorfbewohnern, die die Ergebnisse mitbekommen wollten. Die Wahlzettel wurden nach einem sinnvollen System auf Stapel gepackt. Als wir an die Stimmenauszählung gingen, wurde  es mucksmäuschenstill im Saal. Das war der anstrengende Teil der ganzen Veranstaltung, weil viele Stimmen, wenn sie nicht en bloc für eine Partei gegeben worden waren, einzeln ausgezählt werden mussten. Dabei mussten wir immer wieder unsere Ergebnisse auf den Zähllisten vergleichen. Aber das Ganze hat auch Spaß gemacht und ich habe neue Leute kennengelernt.

Ganz in meiner Nähe an einem blühenden Rapsfeld: gut gemeint, aber leider Massentierhaltung

Gegen 20:30 fuhr ich mit dem Fahrrad nach Hause, froh mich wieder bewegen zu können. Übrigens Fahrrad: ich fahre weiterhin konsequent mindestens zweimal in der Woche eine Runde und meine Kondition ist mittlerweile so gut, daß ich die Gangschaltung kaum noch benutzen muss.

Ich möchte nochmal Kerstin Chavent empfehlen. Vor längerer Zeit hatte ich über ihr tolles Buch Die Waffen niederlegen geschrieben. Sie schreibt öfter für Rubikon, das mittlerweile in Manova umbenannt wurde. Kürzlich war sie zusammen mit neun weiteren Journalisten aus Alternativ- und Leitmedien in Tamera, um zu erforschen, wie man Frieden in die Welt bringen könne. Über ihr Blog kommt ihr auf die Manovaseite: https://bewusstseinimwandel.blogspot.com/. Der Eintrag heißt „Abenteuer Mensch“ und ist vom 7. Mai. Mir gefallen ihr freies Denken, ihre teilweise sehr persönlichen Mitteilungen und die Art, wie sie ihre Krebserkrankung als lebensverändernde Erfahrung genutzt hat, indem sie die Botschaft der Krankheit entschlüsselt und angenommen hat.

Der Frühling ist da und bis auf zwei warme Tage ist es immer noch recht kalt. Trotzdem habe ich heute die Tomaten in den Garten gepflanzt, weil sie auf meiner Küchenfensterbank so hoch gewachsen waren, daß die umzuknicken drohten. Ich habe ihnen gut zugeredet, daß sie bitte durchhalten mögen, auch wenn die Nächte wieder kühl werden. Die Bienen fliegen und kommen mit dicken Pollenhosen heim. Vor einigen Wochen lagen morgens immer viele tote Bienen vor dem Flugloch, darunter auffällig viele Drohnen. Da habe ich mir Sorgen gemacht, aber mittlerweile machen sie einen gesunden Eindruck. Die Zwetsche ist verblüht, die Apfelbäume tragen ihr weißes Blütenkleid und die Wiese ist mit Blütenblättern bestreut, das Quittenbäumchen hat gerade seine schönen großen Blüten geöffnet und an den Johannisbeersträuchern hängen schon grüne Früchte. Jetzt ist die Zeit, wo alles am schnellsten wächst und ich gar nicht hinterher komme mit alldem, was getan werde möchte. Seit Ende April sind die Schwalben wieder da, weniger als im letzten Jahr und leider ist kein Rauchschwalbenpärchen in das Nest im Holzschuppen eingezogen. Dafür habe ich auf einem der Lagerhäuser des Guts ein Turmfalkenpärchen entdeckt.

 

 

Die alten Wege

Meine Kondition auf dem Fahrrad hat sich innerhalb kurzer Zeit so verbessert, daß ich sogar bei Steigungen weitgehend ohne Gangwechsel auskomme. Ich habe das dadurch erreicht, daß ich konsequent jede Woche mindestens zweimal ein paar Kilometer mit dem Rad fahre. Das tut richtig gut und – erfreulicher Nebeneffekt – mein Puls ist nach diesen Fahrten schön regelmäßig. So einfach und so erfreulich! Eine weitere erfreuliche Sache: nachdem Anfang des Jahres bei einer Blutuntersuchung bei meiner neuen Ärztin herauskam, daß ich eine Schilddrüsenunterfunktion hatte, was mein ständiges Frieren erklärte, sind die Werte fast alle wieder im grünen Bereich. Ich habe keine Schilddrüsenhormone genommen, um das zu erreichen. Hormongaben, egal welcher Art, stören die natürliche Selbstregulation und können zu irreversiblen Störungen führen. Das sah meine Ärztin genauso und ich nahm zur Unterstützung Efeuurtinktur. Was letztlich zu der Verbesserung geführt hat, kann ich nicht genau sagen. Ich vermute, es war ein Bündel von Hilfen: außer der Tinktur, die ich mir in Zukunft selbst herstellen werde, eine tägliche Heilmeditation und sicher auch die Vorschläge meiner lieben Chinesischen Medizinfrau Inke, die noch ganz andere Zusammenhänge aufdecken konnte als meine Ärztin. So werden alte zugewachsene Heilwege wieder gangbar und Vertrauen in die eigene Körperweisheit wächst.

Besuch aus der Nachbarschaft

In einer Runde mit mir vertrauten Menschen sagte ein Mann, daß es Herrschaft immer gegeben habe und ein Leben ohne sie nicht möglich sei. Ich nannte Beispiele, die das Gegenteil aufzeigen: die Selbstorganisation indigener Völker, ganz weit vorn das Große Gesetz des Friedens des Irokesenbundes, das im Grunde auf dem Prinzip der Räte funktioniert hat, die Arbeiter- und Soldatenräte, die sich am Ende des Ersten Weltkrieges in Folge des Kieler Matrosenaufstandes in wenigen Tagen in ganz Deutschland ausgebreitet haben (und dann von den faschistischen Freikorps, die der Sozialdemokrat Friedrich Ebert angeheuert hatte, gewaltsam zerschlagen wurden) sowie die anarcho-syndikalististischen Organisationsformen in Katalonien, die Franco mit den Geldmitteln der internationalen Großindustriellen vernichten konnte. So wie Selbstorganisation im Verbund unserer Körperzellen funktionieren kann, wenn wir nicht ständig störend eingreifen, so kann sie das auch im sozialen Organismus. Was natürlich diejenigen, die das Geld haben und damit die Macht, nicht wollen.

Der Mann, der sich so deutlich für die Notwendigkeit von Herrschaft ausgesprochen hatte, ließ sich von meinen Worten nicht überzeugen. Ich finde es irgendwie verstörend, wenn Menschen so an Herrschaft festhalten. An dieser Stelle sind die alten Wege jedenfalls noch sehr zugewachsen. Es scheint bei einigen Menschen ein Bedürfnis nach Herrschaft zu geben: bei denen, die Macht ausüben wollen und bei denen, die sich einen wünschen, der ihnen die Entscheidungen und die Selbstverantwortung für ihr Leben abnimmt. Ich kann dazu ein Buch empfehlen, das ich gerade lese: Fabian Scheidler – Das Ende der Megamaschine. Er beschreibt darin sehr detailliert, wie sich Herrschaft seit etwa 7500 Jahren entwickelt hat und mittlerweile auf immer perfidere Weise aufrecht erhalten wird, nämlich indem Menschen einer so massiven Gehirnwäsche unterzogen werden, daß sie willig bei ihrer eigenen Unterdrückung mitwirken. Das konnten wir in den letzten drei Jahren besonders deutlich erleben. Aber Herrschaft ist immer etwas Fragiles, was nur mit Gewalt aufrechterhalten werden kann, weil es letztlich dem Leben nicht entspricht. Das Buch ist sehr gut, aber es ist harter Stoff und nicht geeignet als Gute-Nacht-Lektüre. Ich lese es immer nur in kleinen Häppchen. Es ist einfach ganz furchtbar, in aller Deutlichkeit zu erfahren, wie gerade wir Europäer den ganzen Erdball mit massiver Gewalt unterworfen haben und es immer noch tun.

Auch hier möchten die alten Wege des friedlichen und erfreulichen Zusammenlebens aller Lebewesen auf Mutter Erde wieder freigelegt werden. Ich glaube, der erste Schritt ist, eine andere Welt für möglich zu halten. Die Welt, die unser Herz kennt, wie Charles Eisenstein es so schön geschrieben hat. Ja, unser Herz kennt sie, weil es sie die längste Zeit in der menschlichen Geschichte gegeben hat.

Wilde Tulpen

Er-innern

Über Ostern hatte ich Besuch von Tochter und Schwiegersohn. An einem Abend sahen wir den Film Wer die Nachtigall stört mit dem wunderbaren Gregory Peck, der vor langer Zeit zu meinen Lieblingsschauspielern gehörte. Die DVD habe ich zu Weihnachten von den beiden bekommen; sie versorgen mich oft mit Filmklassikern. Allein schaue ich kaum Filme, aber zusammen macht es Spaß und man kann anschließend noch darüber reden.

Letzte Woche fuhr ich nach Bonn, um das Weihnachtsgeschenk meines Sohnes zu erleben: ein Abend mit Lisa Fitz im Pantheon. Das war auch sehr schön. Jetzt habe ich Lisa Fitz live erlebt und sie ist so authentisch, so ehrlich, frech und an keine Konvention gebunden. Und wie ich bereits geschrieben habe: wir haben viele Gemeinsamkeiten. Als Kabarettistin fand ich sie nicht so gemein wie Max Uthoff, den ich vor einigen Jahren in Düsseldorf erlebt habe. Keine Publikumsbeschimpfung, aber natürlich haben alle üblichen Verdächtigen ihr Fett weggekriegt. Wir haben viel gelacht und bei einem ihrer Lieder mitgesungen. Mein Sohn gab mir das Buch Wer die Nachtigall stört von Harper Lee mit, nachdem ich vom Film geschwärmt hatte. Das lese ich jetzt und finde es außerordentlich gut geschrieben. Ich glaube, die Handlung spielt etwa in den 30er Jahren in den US-amerikanischen Südstaaten. Meist befasse ich mich ja mit Sachbüchern, aber ab und zu ein wenig Belletristik ist auch ganz schön.

Am Rhein mit Blick aufs Siebengebirge

Gestern fuhr ich zum Imkertreffen nach Amelinghausen in der Lüneburger Heide. Wir tagten in kleiner Runde und unter anderem waren die Nachwirkungen von Torben Schiffers Vortrag beim letzten Imkertreffen Thema. Da gibt es Menschen, die sich nicht von ihrem Selbstverständnis als Imker trennen mögen, d. h. als Personen, die Bienen halten, um Honig zu gewinnen und davon überzeugt sind, daß nur imkerliche Maßnahmen, also die Behandlungen mit organischen Säuren, die Bienen am Leben erhalten. Aber es outen sich mittlerweile auch solche, die darauf verzichten und offensichtlich schon länger damit gute Erfahrungen gemacht haben. Ich gehöre insofern zur letzteren Fraktion, als ich auch darauf verzichte, aber noch nicht lange genug, um über gute oder schlechte Erfahrungen zu verfügen. Uns allen ist aber eins gemeinsam: wir wollen dazu lernen, wir bleiben nicht stehen, wir sind uns bewusst, daß die alten Wege nicht mehr taugen, wenn sie es jemals getan haben.

Eine Sache hat mich gestern besonders beeindruckt: Eine Teilnehmerin hatte ihren Hund draußen angebunden, weil er in der Vergangenheit soviel Chaos im Raum angerichtet hatte. Er tat sein Missfallen am Ausgesperrtsein mit Bellen kund und tat mir leid. Irgendwann holte ein Mann das Tier von draußen in den Raum. Ich saß ihm im Kreis genau gegenüber und konnte so beobachten, wie er den Hund mit leichten Berührungen und fast unmerklichen Gesten dazu brachte, sich zu seinen Füßen niederzulegen. Da blieb er dann ganz entspannt und alles spielte sich so unauffällig ab, daß seine Halterin erst nach längerer Zeit mitbekam, daß er im Raum war. Dieser Mann, ich nannte ihn später „Hundeflüsterer“, hatte sich in der Anfangsrunde als Tierhomöopath vorgestellt und später, als wir über die verschiedenen Sichtweisen auf Bienenhaltung diskutierten, erzählt, wie er in seiner Praxis immer wieder erlebte, daß die Chancen von Tieren wieder gesund zu werden, wesentlich von der Einstellung ihrer Halter*innen abhängt: wenn eine Person es nicht für möglich hält, daß das Tier wieder gesund wird, sind dessen Chancen tatsächlich schlechter als bei einer positiven Grundhaltung. Daran habe ich überhaupt keinen Zweifel und nach meiner Erfahrung kann man diese Erkenntnis 1:1 auf Menschen übertragen.

Während ich auf dem Heimweg dem üblichen Sonntagnachmittagstau auswich, indem ich durch Hamburg fuhr (und dafür wahrscheinlich genauso lange wie für den Stau brauchte, weil jede Ampel rot war), musste ich an dieses Erlebnis denken. Ist es nicht so, daß die wirklich wichtige Kommunikation nicht durch Worte stattfindet, sondern durch Körpersprache oder noch wesentlicher auf feinstofflichen Kanälen? Ich bin davon jedenfalls überzeugt, obwohl oder vielleicht auch gerade weil ich mich sehr viel über Sprache, gesprochen und geschrieben, ausdrücke. Wie oft habe ich schon erlebt, daß eine Person das ausspricht, was ich gerade gedacht habe. Oder wie oft ist es schon vorgekommen, daß ich einen Anruf von jemandem bekommen habe, den ich gerade selbst anrufen wollte. Ich glaube auch, daß meine Katze weiß, was gerade in mir vorgeht. Das sind alte Fertigkeiten, die bei vielen in den Kellern des Bewusstseins lagern, vergessene Fähigkeiten, eine alte und universelle Sprache. Heute las ich einen alten Ritualbrief aus meiner Alma mater-Zeit, in dem Siegrun über die Hagezussen spricht: sie waren diejenigen, die mit den Tieren und den Pflanzen sprechen konnten. Nichts davon ist wirklich verloren, wir müssen es nur wieder er-innern. Der erste Schritt ist, das für möglich zu halten.

 

Die Ebenen wechseln

Vor einigen Tagen entdeckte ich in meiner Nähe im Wald etliche Flecken mit Märzveilchen. Der Anblick des leuchtenden Violetts der Blüten inmitten von saftig grünen Blättern, die jungen seitlich eingerollt, erfüllte mich mit Freude. Ich wusste, daß an diesen Stellen Veilchen wachsen, habe aber in all den Jahren nie so viele wie dieses Mal entdeckt. Oft kam ich auch zu spät; dann waren sie schon verblüht und stattdessen fand ich die etwas blasseren Waldveilchen, die ohne Duft sind. Ich kann immer nur staunen über die wunderschönen Formen und Farben, die die Natur hervorbringt. Sie ist die größte Künstlerin und verzaubert mit Schönheit.

Gestern bin ich durch Zufall einer anderen Künstlerin begegnet: aus dem Internet habe ich erfahren, daß Mary Bauermeister schon Anfang März gestorben ist. Kurz vor ihrem Tod war ich auf einem Imkertreffen (ich habe darüber berichtet) und einer der Anwesenden machte auf eine Ausstellung mit Werken von Mary Bauermeister in der Kieler Kunsthalle aufmerksam. Ich fragte ihn, woher er Mary Bauermeister kenne und er sagte, aus Marijn Poels Film Pandamned. Den habe ich im letzten Jahr auch gesehen und war sehr beeindruckt. Ich glaube, auch über ihn habe ich berichtet. Marijn Poels interviewt in einer Szene Mary Bauermeister und sie antwortet so klug, so beeindruckend. Ja, es geht um das C-Thema und das Impfen und die Angst, die Marijn Poels äußert und sie sagt so tolle Sachen wie: Zeitgeist werde aus der Zukunft inspiriert und es sei die Aufgabe der Künstler und Schamanen, sich aus der Zukunft inspirieren zu lassen. Später sagt sie: „Glauben ist mehr als Wissen“. Und zur Angst: Angst haben heißt: ich muss noch was lernen. Sie hat auch sehr kluge Sachen zum Impfthema geäußert und warum sie ihre Kinder nicht hat impfen lassen. Auch daß die Spanische Grippe vor 100 Jahren nur unter den Geimpften so tödlich gewütet hat und daß in Griechenland, dem einzigen Land, in dem keine Impfungen stattgefunden haben, es keine Grippetoten gegeben habe. Das habe ich an anderer Stelle schon mal gehört und es überrascht mich nicht.

Ich habe das erste Mal von Mary Bauermeister aus irgendeiner Zeitschrift erfahren und das liegt schon einige Jahre zurück. Mich hat ihr unkonventionelles Leben fasziniert, die Konsequenz, mit der sie ihren eigenen Weg gegangen ist bis zu ihrem Tod mit 88 Jahren. 2018 bekam sie eine Krebsdiagnose und ihr Arzt prognostizierte ihr nur noch wenige Monate Lebenszeit. Daraus sind dann weitere fünf Jahre geworden. Ich finde es übrigens ziemlich daneben, wenn Ärzte solche Aussagen treffen. Wie auch immer, Mary Bauermeister hat die verbliebene Lebensspanne für sich genutzt, weiter ihre Kunst gemacht und das Morphium abgesetzt, als es anfing ihren Geist zu vernebeln. Sie hatte keine Angst vor dem Tod und sprach davon, daß sie demnächst die Ebenen wechseln werde und sich darauf schon freue.

Der Ausdruck „die Ebenen wechseln“ gefällt mir sehr und ich werde ihn in meine Sprache übernehmen. Denn das ist Sterben doch letztendlich: der Übergang von einer Ebene zur anderen.

Übrigens habe ich mich bisher nicht allzu sehr mit der Kunst von Mary Bauermeister befasst. Sie war auch Gartengestalterin und das finde ich richtig spannend. Noch so eine tolle Frau!

Nachts gibt es noch Frost, aber wenn die Sonne scheint, fliegen die Bienen und bringen Pollen in den Stock.

 

 

Das starke Herz

Ich habe mich mittlerweile dazu verpflichtet, wenigstens zweimal in der Woche eine Runde mit dem Fahrrad zu drehen. Meine Kondition ist deutlich besser geworden. Heute bin ich bei strahlendem Sonnenschein und kaltem Ostwind gefahren und konnte es sogar streckenweise genießen, bei Steigungen kräftig in die Pedale zu treten, die großen Damwildrudel auf den Feldern zu sehen und Slalom um die Pfützen zu fahren. Als ich wieder zu Hause ankam, habe ich mich gut gefühlt, körperlich und seelisch. Bewegung ist einfach ein Schlüssel für ein ausgeglichenes Seelenleben. Unmittelbar vor meiner Staroperation hat mir der Anästhesist mitgeteilt, daß ich einen stark arrhythmischen Puls habe. Das konnte ich später bestätigen, wenn ich ab und zu mal meinen Puls gezählt habe. Ich war nicht allzu beunruhigt. Ich habe mir aber im Januar einen Termin bei der naturheilkundlich arbeitenden Ärztin geben lassen, die ich das erste Mal vor der drohenden Impfpflicht aufgesucht habe, weil ich dachte, es sei gut, in Notfällen jemanden zu haben. Die Praxis im Nachbardorf genießt nicht mein volles Vertrauen, auch wenn die Ärzt*innen dort freundlich sind. Aber sie sind halt Schulmediziner mit all den Begrenzungen, die zur Schuldmedizin gehören. Den Ausschlag zum endgültigen Arztwechsel gab die Weigerung, mir eine Verordnung für Ernährungsberatung zu geben. Die wollte ich haben, um wenigstens einen Teil der Kosten für die Behandlung bei meiner Chinesischen Medizinfrau Inke erstattet zu bekommen. Stattdessen wurde mir ziemlich streng angeraten, eine Gastroskopie machen zu lassen, um mein häufig auftretendes Völlegefühl abzuklären. Nein danke! Meine neue Ärztin ließ ein EKG ableiten und bestätigte die die Herzrhythmusstörungen. Es gibt verschiedene Erklärungen dafür, die ich hier nicht weiter ausführen werde. Ich ging mit der Frage ins Bewusstseinsfeld, was ich tun könne und bekam die Antwort: ins Herz atmen. Als ich am Freitag bei Inke war, gab sie mir den gleichen Rat und zeigte mir, wie kohärentes Atmen geht. Das ist also jetzt meine tägliche Meditation: 10 Minuten lang je 5 Sekunden ohne Pause ein- und ausatmen und mir dabei vorstellen, daß der Atem durchs Herzchakra ein- und ausströmt. Inke wusste übrigens nichts davon, daß ich den gleichen Rat aus dem Bewusstseinsfeld erhalten hatte.

Aber ein Herz wird eben auch stark durch körperliches Training und immer, wenn ich nach dem Radfahren meinen Puls fühle, ist er regelmäßig. Nebenbei bemerkt: ein sehr regelmäßiger Herzschlag ist nichts Gesundes, sondern tritt kurz vor einem Herzinfarkt auf. Ein lebendiger Organismus ist eben keine regelmäßig tickende Uhr.

Der Bärlauch in meinem Garten hat sich schön ausgebreitet. Jeden Tag nasche ich ein paar Blätter, zusätzlich auch Löwenzahn, der jetzt so frisch und knackig ist. Auch damit tue ich meinem Herzen und Blut gut.

Lisa Fitz Buch Der lange Weg zum Ungehorsam habe ich ausgelesen. Ich habe bereits erzählt, daß ich viele Gemeinsamkeiten mit ihr erkannt habe: die Unfähigkeit zum Gehorsam, der zwingende Wille, den ganz eigenen Weg zu gehen mit allen Höhen und Tiefen, der Freiheitsdrang. Dazu gehört auch, daß ich genau wie sie nie einem Guru, einem Lehrer oder einer Lehrerin ohne Wenn und Aber folgen konnte. Ich musste wie sie immer alles hinterfragen und letztlich mein eigenes Ding machen. Und das Leben als fortwährenden Lernprozess erkennen. Mir gefällt Lisa Fitz also ziemlich gut, ihr Humor und ihre Ehrlichkeit und daß sie sich nicht scheut, ganz persönliche Dinge von sich preiszugeben, auch die nicht so vorteilhaften. Tolle Frau!

Und jetzt lese ich Das Ende der Megamaschine – die Geschichte einer scheiternden Zivilisation von Fabian Scheidler. Es ist schon einige Jahre alt; sein neustes Buch Der Stoff, aus dem wir sind habe ich vor einiger Zeit vorgestellt. Meine Tochter, die mir das Buch geliehen hat, hat auf die erste Innenseite ein Zitat von von W. B. Yeats geschrieben: „There is another world. But it is in this one.“ Das ist doch ein schöner Spruch. Es kommt halt drauf an, die andere Welt, die schönere Welt, die unser Herz kennt, wie Charles Eisenstein sie nennt, aus der alten scheiternden Welt herauszuschälen. Auch Arundhati Roy sieht es so: „Eine andere Welt ist nicht nur möglich, sie ist schon im Entstehen. An einem ruhigen Tag kann ich sie atmen hören.“ Noch so eine tolle und scharfsinnige Frau!

Und für das Erschaffen einer schöneren Welt braucht es Menschen mit starken Herzen!

Gestern war wieder einer von den mittlerweile fast wöchentlich auftretenden Sturmtagen mit scharfen Böen aus Osten und peitschendem Regen. Ich musste ein paar Sachen aus Selent besorgen und war kurz versucht, das Auto zu nehmen. Stattdessen packte ich mich warm ein, zog Gummistiefel an und marschierte durch Matsch und tiefe Pfützen. Das war fast ein so gutes Gefühl wie Radfahren. Und ich ging auf dem Rückweg in einen Laden, den ich bisher nicht richtig beachtet hatte: Pinkens natürlich nördlich. Die beiden Frauen, die das Badehaus am Selenter See betreiben, haben dort eine Nudelmanufaktur. Ich kaufte superleckere frische, mit Ricotta gefüllte Bärlauchravioli. Dazu gab es Pekannussbutter. Außerdem ergab sich die Gelegenheit zu einem ausgiebigen Schnack mit Inken, einer der beiden Besitzerinnen. Wir sind fast Nachbarn und sehen uns öfter, aber daß sie seit über einem Jahr auch Nudeln herstellen, erfuhr ich am Freitag lustigerweise von meiner neuen Osteopathin in Preetz.

Fahrrad

Folgendes Zitat von Martin Luther King fand ich gestern im netten kleinen Café Hilda in Kiel in einem Buch, das von Student*innen der Muthesius-Hochschule zusammengestellt wurde:

„Woran wir uns am Ende erinnern werden, sind nicht die Worte unserer Feinde. Es ist das Schweigen unserer Freunde.“

Wie wahr! Es passt so gut in die letzten zwei Jahre. Glücklicherweise haben die meisten aus meinem Umkreis nicht geschwiegen. Aber  angesichts des schreienden Unrechts, das geschehen ist – und immer noch geschieht – gab es einige wenige, die sich mehr oder weniger elegant an diesem Thema vorbeigedrückt haben. Das bleibt hängen.

Im letzten Winter hatte ich ein Erlebnis mit meinem Fahrrad, das dazu geführt hat, daß ich Angst vorm Radfahren bekam: ich fuhr an einem dunklen feuchten Abend ins Nachbardorf, um Freunde zu besuchen. Mein altes Treckingrad hat eine unzulängliche Beleuchtung und ich trug deshalb meine Stirnlampe. Die Strecke hat ein paar Steigungen und ich kam immer schlechter voran und wunderte mich darüber. Auf dem Rückweg war es noch schlimmer. Die Räder schienen sich gar nicht mehr zu bewegen. Ich hatte das Gefühl, die Lunge fällt mir aus dem Hals vor lauter Anstrengung. Schließlich stieg ich ab und schob. Ich machte mir Sorgen, daß ich zu unfit geworden bin und konnte es mir gleichzeitig gar nicht erklären. Im Licht meiner Stirnlampe sah ich dann, daß sich zwischen Schutzblich und Hinterrad eine dicke Erdschicht angesammelt hatte. Es lag also nicht an meiner Kondition. Vor einigen Monaten besuchte ich einen Freund, der etwa vier Kilometer entfernt wohnt. Während ich eine Steigung hochkeuchte, überholte mich ein Mann auf seinem Rennrad und rief mir noch etwas zu, bevor er in Windeseile aus meinem Blickfeld verschwand. Das hat mich nicht sonderlich motiviert.

Die Landschaft, in der ich lebe, ist voller Hügel und heißt deshalb Holsteinische Schweiz, was natürlich ziemlich hoch gegriffen ist. Eigentlich bin ich Radfahren gewöhnt, schließlich habe ich 25 Jahre in der Fahrradstadt Münster gelebt. Da hatte ich ein Hollandrad ohne Gangschaltung, die man da allerdings auch nicht braucht. Auch in meinen zwei Jahren in Kiel bin ich oft die 5 km mit dem Rad zur Arbeit gefahren.

Im Herbst kaufte ich mir vom geerbten Geld ein schickes neues Fahrrad, das beim Probefahren in Lütjenburg gut lief. Aber als ich es zu Hause auf den unbefestigten Straßen mit teilweise deutlicher Steigung ausprobierte, fand ich es extrem anstrengend. Ich forschte ein wenig und fand heraus, daß das Rad mit 18 kg ziemlich schwer und außerdem die fünfgängige Nabengangschaltung wohl eher für die Stadt geeignet war. Ich konnte das Fahrrad gegen ein leichteres Treckingrad eintauschen, bin aber danach lange nicht gefahren. Irgendwie hatte ich Angst.

Am Samstag schlug B. vor, mit dem Rad nach Bellin zum Müllsammeltag zu fahren. Wir fuhren die zwei Kilometer hin und später wieder zurück; ich allerdings mit meinem alten Fahrrad, weil ich daran gewöhnt bin. Das ging, auch wenn ich an einigen Stellen ziemlich gepustet habe, während B. noch genug Luft zum Reden hatte. Gestern hatte ich nachmittags einen Physiotherapietermin wegen meiner anhaltenden Hüftschmerzen und überlegte, ob ich die drei Kilometer zu Fuß nach Selent gehen sollte. Aber die Zeit war knapp und ich entschied mich fürs Fahrrad, obwohl ich wieder Angst davor hatte. Bevor es vom Wald auf die Landstraße geht, führt der Weg steil bergab, kein Problem also. Als ich dann auf der Behandlungsliege lag und die Physiotherapeutin meinen Gluteus maximus und Piriformes, also meine Hinternmuskulatur durcharbeitete, machte ich mir Sorgen, wie ich auf dem Rückweg den Berg hochkommen sollte, ohne abzusteigen und zu schieben. Ich wusste selbst, daß das irgendwie merkwürdig war: bin ich doch diese Strecke schon so oft gefahren. Aber irgendwie habe ich das Rad im letzten Jahr ziemlich gemieden. Was soll ich sagen? Ich schaffte den Rückweg ohne abzusteigen. Oben angekommen habe ich zwar ziemlich geschnauft und schwor mir, an meiner Kondition zu arbeiten. Aber als ich dann zu Hause war, ging es mir so gut, daß ich die ganze Zeit gesungen habe und mir am liebsten ständig selbst auf die Schulter geklopft hätte, weil ich mich nicht vor dieser Herausforderung gedrückt habe. Ich hätte ja auch mit dem Auto fahren können, aber das wäre schon sehr peinlich gewesen, zumal allerschönstes Wetter war.

Am Abend war ich bei einem Vortrag von Hermann Ploppa über die weltpolitische Lage. Sehr interessant, zumal er über Dinge berichtete, die man in den Leitmedien und im Fernsehen nicht erfährt. Ich traf natürlich etliche Bekannte und es gab reichlich Umarmungen. Seit Beginn der Coronamaßnahmen, als von einem supergefährlichen Virus geredet und vor engen Kontakten gewarnt wurde, knuddelt man sich in den Kreisen, in denen ich mich seitdem hauptsächlich bewege, sehr bewusst und häufig. Das hat sich teilweise aus Protest gegen die  absurden Maßnahmen entwickelt, ist dann aber auch zu einem echten Bedürfnis geworden, das wir alle uns gern und bewusst erfüllen. Es ist einfach schön, Menschen im Arm zu halten, die man mag. Außerdem glaube ich, daß viele von uns auf diese Weise so eine Art Nachnähren erfahren, weil in unserer Kultur schon viele Kinder einen Mangel an Körperkontakt erfahren. Von mir kann ich das auf jeden Fall behaupten.

Als ich nach dem Vortrag und ein paar kleinen Schnacks dann ging, küsste ein Mann, den ich sehr schätze, meine Hand zum Abschied. Das hat mir gut gefallen und ich schwebte förmlich auf Wolken, während ich über leere, nächtliche Straßen nach Hause fuhr.

Was für ein gelungener Tag!

Mein Nachbar hat meinen Knick gestutzt. Jetzt gibt’s eine Menge Holz zu stapeln.

Der freie Wille

So sah es bei mir vor einigen Tagen aus

Neulich begegnete mir in einem Buch mal wieder der Ausdruck „freier Wille“. Nicht daß er mir neu wäre, aber dieses Mal hakte er sich in mir fest und beschäftigt mich. Menschen werden, so sagt man, mit einem freien Willen geboren. Andere sagen, daß Menschen sowas gar nicht haben können, weil ihr Denken und Verhalten geprägt ist durch Schule, Erziehung, festgemauertes jahrhundertealtes Weltbild und biologische Zwänge. Daß die im letzten Satz gesagten Dinge eine Rolle spielen, bezweifle ich nicht. Dennoch bin ich überzeugt, daß wir in all unserer Geprägtheit eine freien Willen haben. Der tritt immer dann in Erscheinung, wenn wir uns entscheiden. Wenn ich in meiner eigenen Geschichte zurückgehe, dann fallen mir viele Beispiele ein: wie oft habe ich Entscheidungen getroffen trotz und gegen gesellschaftliche Konventionen.

Ich lese gerade ein Buch, das mein Sohn mir geschenkt hat: Der lange Weg zum Ungehorsam von Lisa Fitz. Bisher war ich zugegeben keine Lisa Fitz-Fanin, obwohl sie gerade in den letzten Jahren eine wirklich gute Kabarettistin geworden ist. Ich habe das Buch angefangen und dann wieder weggelegt, dann wieder hervorgenommen und jetzt lese ich es wirklich mit Vergnügen, weil ich mich darin so oft wiederfinde. Nein, ich habe längst nicht soviele Männergeschichten wie sie gehabt; auch der Alkohol hat in meinem Leben keine besonders wichtige Rolle gespielt. Aber das Rebellinnentum ist uns beiden eigen, offensichtlich hatten ihre Mutter und mein Vater etwas gemeinsam: den Ehrgeiz, die Kinder nach ihren Vorstellungen zu formen. Das scheint unweigerlich zur Rebellion zu führen. So wie sie sich dem mütterlichen Diktat nicht fügen konnte, konnte ich mich nicht den väterlichen Anforderungen fügen. Das hat zu vielen Verwerfungen geführt; mein Leben zwischen 15 und 19 Jahren war extrem ungemütlich und in meiner Erinnerung ein einziger Kampf gegen einen  sehr mächtigen Vater, dessen Pläne ich unter keinen Umständen erfüllen konnte. In der Zeit kam mein freier Wille richtig klar zum Vorschein. Irgendwann, als ich längst volljährig war, hat mein Vater kapituliert: „Du machst ja sowieso immer, was du willst.“

Spannend an der Sache mit dem freien Willen ist auch, daß ich ihn anderen Menschen genauso zugestehen muss wie mir selber. Das heißt, daß ich mich nicht in die Entscheidungen anderer einmische, daß ich ihre Wege respektiere, auch wenn sie mir fremd, unverständlich oder falsch vorkommen. Wahrscheinlich würde sich dann im Umgang miteinander sehr viel ändern, denn es hieße ja auch, daß die ständigen Urteile und Bewertungen wegfielen, die die meisten von uns wohl schon mit der Muttermilch aufgenommen haben. Wie entspannend wäre ein Kontakt, in dem ich nicht immer argwöhnen müsste, daß der oder die andere schlecht über mich denkt und meine Entscheidungen falsch findet. Ich gebe zu, daß ich da bei mir selbst viel Übungsbedarf sehe: es genügt ja nicht, die inneren Urteile nicht auszusprechen; die Einsicht in die ureigenen Wege des Anderen muss in der DNA verankert sein.

Lisa Fitz schreibt noch andere Sachen, mit denen ich mich voll und ganz identifizieren kann und die mich gleichzeitig erheitern, z. B. „Ich habe immer gesagt, einen Mann, der nicht abspült, den schmeiß ich raus! Und was habe ich jetzt…? Berge von Männern vor der Haustür liegen!!“ Na ja, Berge waren es bei mir nicht, aber Männer, die sich an der Hausarbeit beteiligen, waren in meinem Leben eher eine Rarität und das ist einer der Gründe, warum ich das Zusammenleben nicht besonders attraktiv finde.

Sehr wiedergefunden habe ich mich auch in folgendem Satz: „Männer sind naiv und romantisch, sie blenden die Vernunft aus, sie gehen fremd, aber selten ganz weg, außer man wirft sie raus. Sie finden, alles könnte für die Ewigkeit so bleiben, egal, wie es läuft.“ Das kann ich bestätigen. Die meisten Beziehungen habe ich beendet und mich immer wieder gewundert, warum Männer so lange bleiben, obwohl es richtig scheiße läuft. Ich kann es mir nur so erklären, daß Frauen für Männer eine so große Komfortzone sind/bieten, daß dafür alles andere in Kauf genommen wird. Ja, ich finde es schön, wenn sich einer bei mir wohl fühlt, aber sobald ich mich ausgenutzt fühle, werde ich zur Furie. Oder besser gesagt: wurde. Denn in dieser Situation war ich schon lange nicht mehr. Und ich habe mittlerweile auch Männer kennengelernt, die einen Haushalt führen können mit allem was dazu gehört. Allmählich scheint sich was zu ändern.

Was das mit dem freien Willen zu tun hat? Nun, wenn jemand sich nicht an der Hausarbeit beteiligen will, ist das sein freier Wille. Und mein freier Wille ist, daß ich nicht mit einer Person zusammenleben will, die mir die komplette Hausarbeit überlässt. Bei so einer Konstellation wäre dann eine Besuchsehe eine gute Lösung, bei der ich mein Hausrecht behielte.