Patriarchat

Heute las ich auf den Nachdenkseiten den Text eines palästinensischen Dichters aus Gaza. Er beschrieb eindrücklich, was der Hunger mit ihm macht. Nicht nur Bombardements, auch ausbleibende Lebensmittellieferungen sind dort Mittel der Kriegsführung. Es ist kaum auszuhalten das zu lesen. Umso mehr, als die Auslöschung der Palästinenser auch mit deutschen Waffen geschieht. Was wir heute in aller Deutlichkeit auf der Erde sehen, sind die verheerenden Folgen des Patriarchats. Das existiert nach heutigem Kenntnisstand seit ungefähr 8000 Jahren. Davor gab es egalitäre mutterzentrierte Gesellschaften ohne Herrschaft und ohne Krieg. Es gibt indigene Völker, die noch heute so leben; sie sind allerdings erheblichem Druck ausgesetzt.

Mir wurde gelegentlich entgegengehalten, daß es Krieg immer schon gegeben hat. Sicher hat es immer schon Konflikte gegeben. Aber Konflikte zwischen Menschen, die sich kennen, sind etwas fundamental anderes als Kriege, bei denen Regierungen beschließen, daß Menschen sich gegenseitig abmetzeln, die sich weder kennen noch irgendwelche persönlichen Konflikte miteinander haben. Diese Kämpfe werden auch nie von denjenigen geführt, die sie anordnen. Man lässt kämpfen. Kriege haben sich nie bewährt. Man kann den vermeintlichen Feind nie vollständig auslöschen und jeder Krieg zieht irgendwann den nächsten nach sich. Es fällt auch auf, daß diejenigen, die Krieg führen wollen, von sich behaupten, daß sie die Guten und die anderen die Bösen seien. Und jeder Krieg beginnt mit einer Lüge. Der Militärschlag gegen den Iran wird damit gerechtfertigt, daß die dortige Regierung Atomwaffen herstellen wolle. Das scheint nicht der Fall zu sein. Absurderweise dürfen nach dieser Diktion die „Guten“, also die USA Atomwaffen haben, aber die „Bösen“, also der Iran nicht.

Es wird Zeit, daß das Patriarchat verschwindet. Es ist mir aber sehr wichtig zu sagen, daß Männer nicht eine natürliche Anlage zu Gewalt und Unterdrückung haben und Frauen in Regierungen keineswegs friedvoller sind. Jüngstes Beispiel ist die mittlerweile abgewählte Ministerin, die von sich behauptet hat, sie mache „feministische Außenpolitik“. Frauen sind ebenso wie Männer von patriarchalem Denken verseucht.

Ich stelle mittlerweile alle Geschichten, die von den Leitmedien verbreitet werden, in Frage: China ist eine Diktatur? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Putin will Deutschland angreifen? Nichts spricht dafür. Der Angriff auf den Iran trifft die Richtigen? Wer hat das zu beurteilen? Die AfD ist verfassungsfeindlich? Das lenkt den Blick von dem ungeheuerlichen Geschehen während der C-Zeit ab, in der im Handstreich Teile unserer Verfassung außer Kraft gesetzt wurden, wie das Recht auf Versammlungsfreiheit und auf freie Meinungsäußerung. Eine Zensur findet nicht statt, steht in unserem Grundgesetz. Aber seit einigen Jahren wird zensiert, was das Zeug hält, angeblich um Desinformation zu verhindern. So ist es zum Beispiel nicht möglich, Russia today im Internet aufzusuchen, es sei denn man installiert sich den Tor-Browser.

Wer mit dem Finger auf Andere zeigt, ist es selbst. Wer mit dem Finger auf Andere zeigt, auf den zeigen drei Finger zurück. Rosa Luxemburgs bekannte Devise „Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden“ erfordert ein hohes Maß an Selbstreflektion und geistiger Größe. Davon sehe ich nichts bei denen, die uns regieren.

Ich möchte in den Jahren, die mir noch auf dieser schönen Planetin bleiben, meine Energie darauf verwenden, Frieden in mir selbst und wenn irgend möglich in meinem Umfeld zu schaffen. Mir geht es nicht darum, wieder ein Matriarchat einzurichten. Ich glaube, es geht mittlerweile darum, daß Männer und Frauen gemeinsam eine neue lebensfreundliche Ordnung zu schaffen. Darauf richtet sich meine Sehnsucht.

Ulrike Guérot, die Initiatorin des European Peace Projects ,schreibt in ihrem neuen Buch Zeitenwenden. Skizzen zur geistigen Situation der Gegenwart (habe ich nicht gelesen, aber es findet sich eine Rezension auf den Nachdenkseiten), sie habe seit ihrem Rauswurf aus der Uni Bonn viele Menschen aus der ehemaligen DDR kennengelernt und festgestellt, daß die wesentlich feinere Antennen für totalitäre Entwicklungen haben als wir Wessis. Das entspricht meinen eigenen Erfahrungen mit Ossis. Es ist auch gar kein Wunder: haben sie doch vor nicht allzu langer Zeit erlebt, was passiert, wenn man sich nicht systemkonform verhält. Von ihnen können wir lernen.

 

 

In der alten Heimat

Über Pfingsten war ich in meiner alten Heimat, in Münster. Das kam so: wenige Tage vorher rief J., der mit meinem Sohn seit dem Vorschulalter befreundet ist, an und lud mich in sein Elternhaus ein. Das sollte eine Überraschung für meinen Sohn sein, der am Samstag Geburtstag hatte. Ich hatte nichts anderes vor und kann als Rentnerin flexibel mit meiner Zeit umgehen, was ich ziemlich toll finde nach den vielen Jahren, in denen ich jedes zweite Wochenende und viele Feiertage arbeiten musste.

Ich kenne die Eltern von J. seit 1979, wir waren zwei Jahre lang Nachbarn und sie haben meinen Sohn viele Jahre lang in den Sommerferien nach Stromboli mitgenommen, wo sie ein kleines Ferienhäuschen hatten. Nun lebt nur noch E., die Mutter von J. in dem schönen Haus, wo J., seine Frau und seine beiden Töchter, mein Sohn und seine Freundin und ich übernachteten. Am Samstag wollte ich natürlich zum Markt auf dem Domplatz. Und in den Dom wollte ich auch, um der Heiligen Barbara eine Kerze anzuzünden. Die Kerzen sind mittlerweile aus einer Art Keramik, die mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllt sind. Die alten Kerzen aus Stearin fand ich schöner, aber immerhin hatten diese Kerzen eine Flamme, was in den heutigen Zeiten keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Nachdem wir unsere Einkäufe auf dem Markt gemacht hatten, zeigte J. uns eine leuchtende Leiter, die im Rahmen des letzten Skulpturprojekts auf dem Turm der Lambertikirche angebracht wurde. Direkt unter ihr hängen die drei Käfige, in denen sich die hingerichteten Wiedertäufer Jan van Leiden, Bernd Knipperdolling und Bernd Krechting zur Abschreckung befanden: eins der vielen Beispiele für den Umgang der Kirche mit Andersdenkenden. Münster ist sehr katholisch und hat viele Kirchen. Am Sonntag hörte ich das Glockenläuten, das ich so liebe. Ich kenne keine Stadt, in der so viele Glocken an Sonn- und Feiertagen läuten. Wir besuchten auch die Dominikanerkirche, die Gerhard Richters Version des Foucaultschen Pendels enthält: eine Kugel, die von der Decke hängt und unaufhörlich hin- und herschwingt. Meine Mutter hatte mir vor einigen Jahren davon erzählt, wie sie beim Betrachten des schwingenden Pendels eine zunehmende innere Ruhe gespürt habe. Jetzt kann ich sie gut verstehen.

Abend saßen wir zu viert in der hauseigenen kleinen Sauna.

Am Sonntag fuhren wir zu einer Cousine der Frau von J., die in der Nähe von Hamm eine Solawi leitet. Hier gab es einen sehr liebenswürdigen Esel, der von uns allen ausgiebig gestreichelt wurde. Die Freundin meines Sohnes hätte ihn gern in den Kofferraum gepackt; sie meinte, er würde gut in ihren Garten passen.

Am Abend fuhr ich dann bei starkem Regen nach Hause. E. hatte mir eine Tüte mit belegten Broten, Obst, Schokolade und Plätzchen mitgegeben. Sie ist sehr fürsorglich, was mich rührte. Ich habe mich in ihrem Haus mit den anderen sehr wohl gefühlt. Alles war so einfach und selbstverständlich.