Wintersonnenwende

Katzen lieben seltsame Plätze

Die Wintersonnenwende verbrachte ich allein. Ich hatte recht kurzfristig zum Ritual eingeladen und die beiden Frauen, die eigentlich kommen wollten, sagten dann wieder ab. Eine aus familiären Gründen, die andere, weil sie an Covid erkrankt ist. Das ist nun die erste Erkrankung in meinem unmittelbaren Umfeld und ich verfolge den Verlauf mit großem Interesse. Sie befindet sich zu Hause, gut betreut von ihrem homöopathischen Arzt, und genießt, wie sie mir per SMS mitteilte, das völlige Nichtstun, weil sie zu nichts anderem in der Lage ist. Das erinnert mich an die Grippe, die ich vor vielen Jahren hatte: 40 ° C Fieber lassen dir keine Wahl. Das ist gut, weil dann die weise Selbstregulation in aller Ruhe und ohne ständige Einmischung des Verstandes übernehmen kann. Ich habe ihr meine pflegerische Hilfe angeboten. Bis jetzt hat sie die nicht gebraucht. Allerdings habe ich in ihrem Auftrag für sie eingekauft. Ehe jetzt hier der Verdacht aufkommt, daß ich mich mit Infizierten treffe und als Spreaderin betätige: es gab bis jetzt keinen persönlichen Kontakt. Und sollte es dazu kommen, was ich nicht ausschließen kann, werde ich mich in Quarantäne begeben. Das würde ohnehin zu den Raunächten passen. Und es gilt immer noch: ich habe keine Angst vor dem Virus.

Überhaupt Angst: nachdem ich meinen ohnehin schon nicht so reichlichen Mainstreammedienkonsum sehr heruntergefahren habe (nur noch ein- bis zweimal in der Woche Radionachrichten und einmal in der Woche die Welt, das einzige Blatt, was ich einigermaßen ohne Brechreiz lesen kann), muss ich sagen, daß auch die Alternativmedien teilweise dazu neigen, Angst zu verbreiten, Angst vorm Einfrieren der Konten, Angst vor Blackouts und anderen Mangelszenarien, Angst vor einem Krieg zwischen Russland und USA usw. Ich finde Angstmachen keine gute Idee, ist auch schädlich fürs Immunsystem, also bin ich noch wählerischer im Hereinlassen von Informationen in mein Nervensystem. Ich halte all das, was da an die Wand gemalt wird, für möglich. Aber erstens wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird und zweitens sehe ich mit großer Freude, wie sich Parallelstrukturen bilden. Diese Zeit ist unsere große Chance, endlich die Verantwortung für uns selbst zu übernehmen und in allen Bereichen Strukturen zu schaffen, die wirklich der Menschheitsfamilie und der mehr-als-menschlichen Welt dienen: z. B. können wir endlich ein Gesundheitswesen kreieren, das wirklich diesen Namen verdient und nicht dem Profit, sondern uns dient. Es gibt genug Menschen, die jetzt den sogenannten Gesundheitssektor verlassen, all die Pflegekräfte und Ärzt*innen, die wegen der drohenden Zwangsimpfung ihre Arbeitsplätze verlieren. Und auch im Bereich der Wirtschaft tun sich neue Möglichkeiten auf. Wer, wenn nicht wir, kann das auf eine gute Art gestalten? Ich sage ja nicht, daß es einfach sein wird und wir sind noch nicht durch die Talsohle durch, aber dennoch: dies ist unsere Zeit!

Einer meiner Kraftplätze, eine sogenannte Holsteiner Kammer

Und noch was finde ich extrem wichtig: wir müssen mit allen reden und allen zuhören, dürfen niemanden mehr ausgrenzen. Wir gehören alle zur Menschheitsfamilie, die Linken und die Rechten und die dazwischen, die Demonstrierenden und die Polizist*innen, die Geimpften und die Ungeimpften usw. Das ist sicher nicht immer leicht, aber es scheint mir absolut notwendig. Niemand ist im Besitz der ganzen Wahrheit. Ich freue mich nicht, wenn ich wie neulich von einer Frau eine sehr vehemente Rede über die „unsolidarischen Leute“, die keine Masken tragen, höre. Aber ich höre ihr zu. Und ich möchte auch, daß man mir zuhört, wenn ich sage, was ich am Maskentragen so überaus schädlich finde. Und die Kunst besteht vielleicht darin, diese beiden Meinungen einfach nebeneinander stehenzulassen: Ah, so sieht sie das also! Irgendwann werden wir es alles besser wissen – vielleicht.

Die Maulwürfe haben die winterliche Gartengestaltung übernommen

Das Wilde

Ich war mal wieder auf Reisen, dieses Mal nach Münster zu meiner Mutter und habe ein zauberhaftes Buch gelesen, das mir die liebe L. zum Geburtstag geschenkt hat: An das Wilde glauben von der französischen Anthropologin Nastassja Martin. Die Autorin hat in Kamchatka eine Begegnung mit einem Bären gehabt, der sie im Gesicht und am Schädel schwer verletzt hat. Sie beschreibt diese Begegnung, ihre Auseinandersetzung damit und ihren Heilungsweg auf eine sehr intensive und ungewöhnliche Weise. Ihre Sprache ist poetisch und assoziativ, das liest sich einfach wunderbar und ich habe gestern auf dem Rückweg im Zug den größten Teil des Buches in einem Rutsch gelesen.

Sie beschreibt die Gewalt, die sie in einem russischen Krankenhaus und später noch massiver in der Pariser Salpêtrière erlebt hat. Ich weiß genau, wovon sie spricht, denn ich habe Ähnliches selbst erlebt: die Bevormundungen durch Ärzte, die unerschütterlich an ihre eigene Überlegenheit glauben, deren Unfähigkeit, mit den Gefühlen dieser schwer verunstalteten Frau in Resonanz zu gehen, die Eindimensionalität der Psychologin. Aber sie schreibt auch von ihrer Weigerung, den Anordnungen zu folgen und ihnen letztendlich zu entkommen. Schließlich treibt es sie wieder nach Kamchatka, wo sie das, was geschehen ist, weiter verarbeitet. Eine Passage hat mich besonders angesprochen, als die indigene Frau, in deren Jurte sie lebt, ihr vom Zusammenbruch der Sowjetunion erzählt: „Nastja, sagte sie, eines Tages ist das Licht ausgegangen und die Geister sind wiedergekommen. Und wir sind in den Wald zurückgekehrt. … Bei mir ist das Licht nicht ausgegangen und die Geister sind geflohen. Ich sehne mich so sehr danach, das Licht zu löschen. Heute Nacht kehre auch ich in den Wald zurück.“

Oh ja, diese Sehnsucht habe auch ich in mir: nach dem Wald, nach dem natürlichen Licht, nach dem Wilden. In Münster bin ich zwischen den Besuchen bei meiner Mutter viel spazieren gegangen. Die Wohnung meiner Eltern liegt im Stadtrandgebiet und es gibt viel Grün, der Aasee ist nicht weit. Aber das Rauschen der Autobahn ist immer da, in der Nacht blinken die Lichter, es gibt keine richtige Dunkelheit und ständig ist das Brummen von Flugzeugen zu hören. Im Bus waren die meisten mit ihren Smartphones beschäftigt, von den Gesichtern sind nur noch die Augen zu sehen, seit wir zum Maskentragen gezwungen sind. Was für eine traurige Welt. Ja, ich sehne mich danach, daß auch bei uns das Licht ausgeht und ich weiß, daß es geschehen wird, vielleicht schon bald. Und dann ist unsere Kreativität gefragt, dann können wir herausfinden, welches Leben uns wirklich glücklich macht, wenn all diese Ersatzbefriedigungen wegfallen. So gesehen finde ich es übrigens überhaupt nicht schlimm, daß man als ungeimpfter Mensch keinen Zutritt mehr zu diversen Geschäften, Kinos und Restaurants hat. Das alles fehlt mir nicht und ich greife auch nicht auf den Online-Handel zurück. Auch den brauche ich nicht. Und auch hier werden die Geister zurückkehren.

In der Welt, die ich mir seit kurzem einmal in der Woche leiste (mal sehen, wie lange noch), nachdem mich die Süddeutsche und die TAZ wegen ihrer Coronaberichterstattung schwer anwidern, stand am Montag ein Erklärungsversuch, warum die Impfquote in den deutschsprachigen Ländern so niedrig ist: das läge an der Romantik, die zu einer „Naturvergötzung“ geführt habe. Tja, das spricht für sich selbst. Aber am letzten Donnerstag hat Otto Schily, den ich mal gut fand und dann nicht mehr, als er als Innenminister der Schröder-Fischer-Regierung zum Oberscharfmacher der Nation mutierte, einen Kommentar geschrieben, der mir gefiel. Er hält die geplante Einführung der Impfpflicht für verfassungswidrig und ist, obwohl selbst dreifach geimpft, strikt dagegen.