Vertrauen

Sonnenaufgang an Ostara

In den letzten Tagen ist mir mehrmals das Wort „Vertrauen“ begegnet und hat in mir Resonanz ausgelöst: ein Mitglied des Oya-Hütekreises hatte zu drei Videotreffen eingeladen, auf denen über das Thema Corona gesprochen werden sollte. Ich war zweimal dabei und fand es sehr angenehm. Es gab die Regel, daß es keine Diskussion und kein Argumentieren geben sollte. Das Wichtigste war das Zuhören. Das funktionierte gut und war sehr angenehm.

Gestern begegnete mir das Wort wieder, als ich mir ein Video mit Sabine Lichtenfels, einer der Begründerinnen von Tamera, ansah. Sie sagte sehr schön, man solle sich nicht vom Virus der Angst anstecken lassen, sondern vom Virus des Vertrauens.

Ich könnte jetzt aufzählen, zu wem oder was ich kein Vertrauen habe und da käme eine ganze Liste zusammen. Aber viel wichtiger ist, wem oder was ich vertraue. Das Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten gut durchs Leben zu kommen ist im Laufe der Zeit immer größer geworden. Vor allem habe ich aber Vertrauen in die Sinnhaftigkeit des Lebens. Ich bin davon überzeugt, daß alles, was passiert, auf irgendeiner Ebene richtig ist und uns weiterbringen kann. Ich vertraue der Selbstregulation aller lebendigen Organismen einschließlich der Erde und natürlich meines Körpers. Vor einiger Zeit erzählte mir eine Frau, sie habe schon mehrmals Krebs gehabt und das „trotz Yoga und Meditation“. Daran musste ich in der letzten Zeit oft denken. Ich glaube übrigens nicht, daß es Sinn macht Yoga und Meditation zu praktizieren, um keinen Krebs zu bekommen, wohl aber, daß es sinnvoll ist, wenn es unmittelbar gut tut und Spaß macht.

Daß ich Vertrauen in meinen Körper und seine unglaublichen Selbstregulationsfähigkeiten habe, heißt ja nicht, daß ich nie krank werde. Ich bin schon einige Male krank gewesen, auch sehr schwer; ich habe als Säugling monatelang wegen meiner schweren Skoliose im Gipsbett gelegen, hatte mit 28 eine lebensbedrohliche Pankreatitis, mit deren Folgen ich viele Jahre gelebt habe (mittlerweile gilt sie als geheilt) und werde auch in Zukunft die eine oder andere Krankheit haben. Krankheit gehört also zum Leben dazu und kann uns sogar stärker machen, wenn wir sie nutzen, um vielleicht überfällige Dinge in unserem Leben zu ändern. Ich wäre ohne die Krankheiten in meinem Leben nicht die, die ich bin. Vertrauen in meinen Körper heißt für mich, daß er mir meldet, wenn etwas nicht in Balance ist. Im Übrigen vertraue ich auch auf etwas, daß ich nur annähernd benennen kann: daß es Kräfte gibt, die mich begleiten, die für mich unsichtbar sind und für die ich keinen Namen habe, die mir aber wohlgesonnen sind.

Normalerweise ruft unser Bürgermeister zu einem gemeinsamen Frühjahrsputz im März auf; wegen Corona ging das bereits im letzten Jahr nicht. Stattdessen hat er vorgeschlagen, daß man sich mit einer weiteren Person verabredet. B. und ich sind also gestern mit zwei großen Müllsäcken an der Landstraße sammeln gegangen. Es ist unglaublich, wieviel Plastik überall herumliegt. Das meiste davon stammt wohl aus den gelben Säcken. Ich habe schon oft beobachtet, daß die bei Sturm, der hier ja oft stattfindet, durch die Gegend geweht werden, aufreißen und der Inhalt sich dann in der Landschaft verteilt. Ein weiterer Grund, Plastik endgültig aus dem Verkehr zu ziehen. Wir fanden außerdem bergeweise Glasflaschen: Bierflaschen, Flachmänner, Medizinflaschen, kleine Schnapsflaschen. Die stapelten wir am Straßenrand auf. Es regnete, stürmte und hagelte. B.s Hündin gefiel das nicht und sie machte sich allein auf den Heimweg, so daß B. sie an die Leine nehmen musste. Aber wir hatten Spaß und fanden unser Tun sinnvoll und befriedigend. B. brachte die schweren Säcke zum Dorfgemeinschaftshaus nach Bellin, ich fuhr mit dem Auto die Straße ab und sammelte die Flaschen ein – einen großen Eimer und eine Klappkiste randvoll – und brachte sie nach Selent zum Glascontainer. Zweimal hielten Autos an und die Fahrerinnen fragten, ob ich Hilfe brauchte. Das bewies mal wieder, daß Menschen im Großen und Ganzen hilfsbereite und soziale Wesen sind.

Ich habe wieder angefangen, Roggenbrot mit eigenem Sauerteig zu backen

Noch mal was zum Coronathema: 2006 tauchte zum ersten Mal die Vogelgrippe, heute Geflügelpest genannt, bei uns auf. Das hatte zur Folge, daß alle Geflügelhalter gezwungen wurden, ihre Vögel im Stall zu halten. Auch ich war damals betroffen, weil ich Enten hatte. Wochenlang balancierte ich mehr oder minder jenseits der Legalität, weil ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren konnte, Vögel, die dringend Gewässer brauchen, um gesund zu bleiben, in einen Stall zu sperren. Seitdem wiederholt sich das Szenario alle paar Jahre wieder und reflexartig ordnen die jeweils zuständigen Minister das Aufstallungsgebot an. Jetzt ist es mal wieder soweit: wir leben im sogenannten Beobachtungsgebiet, weil in einem Mastbetrieb in Dannau die Geflügelpest ausgebrochen ist und 20.000 Tiere getötet wurden („gekeult“ nennen sie das aus mir unerfindlichen Gründen). Also haben wir seit fünfzehn Jahren das Geflügelpestvirus mit all seinen vielen Mutationen am Hals. Ohne große Phantasie kann man da Analogien zu SARS-Cov-2 entdecken. Was das bedeutet? Vielleicht ein mindestens fünfzehn Jahre währender Lockdown? Oder aber – und das halte ich persönlich für die intelligentere Lösung – das Eingeständnis, daß ein Virus nicht beherrschbar und Kontrolle über lebendige Systeme eine Illusion ist. Vielleicht wäre es jetzt auch mal an der Zeit, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, was wir alles anderes machen müssen, um gut und gesund zu leben. Ich höre immer nur die männlichen und weiblichen Kassandras aus Politiker- und Virologenkreisen, die Schreckensszenarien heraufbeschwören. Wie wäre es denn mal stattdessen damit, laut darüber nachzudenken, was unserem Immunssystem helfen könnte. Angstmacherei ist jedenfalls ein effektives Mittel, um das Immunssytem zu schwächen und gleichzeitig die Bürger*innen gefügig zu machen. Ich halte mich derweil an Lachen, Tanzen, Singen und schöne Kontakte pflegen – das hält mein Immunsystem bei Laune.

W.A.I.T…

… ist die Abkürzung für „Why am I talking?“ Ich fand diesen Satz in dem Essay We Can Do Better Than This von Charles Eisenstein. Er hat ihn von Gigi Coyle, die den Way of Council praktiziert. Es geht darum, sich beim Sprechen bewusst zu machen, warum eine oder einer sprechen will, vielleicht um Aufmerksamkeit zu bekommen, oder weil man seine eigenen Ansichten für sehr wichtig hält, vielleicht auch, weil man es einfach gewohnt ist zu sprechen oder seine eigenen Geschichten gern noch mal vor Publikum äußern will. Warum mich dieser Satz angesprochen hat? Weil ich selber gerne und viel spreche. Das ist eine Angewohnheit, die aus dem mütterlichen Teil meiner Familie stammt. Und es ist eine sehr schlechte Angewohnheit, die ich gern loswerden möchte. Bisher war ich da aber noch nicht sonderlich erfolgreich.

Wie nervig es ist, wenn andere Menschen sehr viel reden, habe ich gerade vor einigen Tagen wieder erlebt: der Besitzer eines Geschäfts in Kiel nahm eine kleine Bemerkung von mir zum Anlass, mich mit seiner Meinung zu Corona und den Maßnahmen der Regierung zuzutexten. Das wurde ganz schnell sehr unangenehm. Ich hatte nicht das Gefühl, daß es ihm um ein Gespräch ging, er wollte offensichtlich einfach nur eine Menge Worte loswerden und bekam rein gar nichts mit. Weder, daß ich mich immer mehr Richtung Ausgang bewegte, noch daß ein Kunde hereinkam und wartend vor dem Tresen stand. Irgendwann sagte ich in seinen Redeschwall hinein: „Ich muss jetzt gehen“ und ging.

Wie gesagt, ich kenne beide Seiten. Auch ich bekomme wahrscheinlich gar nicht so selten nicht mit, ob andere Lust haben, mir zuzuhören und riskiere, daß mein Gegenüber innerlich wegtritt. Dagegen fällt es mir bei anderen natürlich sofort auf, wenn ihre Redezeit für meinen Geschmack zu lange dauert. Es gibt einen sehr gelungenen Spruch aus den 12-Schritte-Gruppen: „Du kannst über alles reden, nur nicht über zwanzig Minuten.“ Wobei mir persönlich schon 10 Minuten völlig reichen, danach lässt meine Aufmerksamkeit rapide nach.

Eine kluge Frau sagte mir mal, als ich dieses Problem zum Thema machte, ich solle meinen Gesprächspartner ansehen, während ich spreche. Das ist sicher ein guter Hinweis. Ich ertappe mich selbst oft dabei, daß ich beim Sprechen in die Luft sehe, weil ich dann einfach besser reden kann. Aber natürlich ist dann mein Sprechen eine völlig kontaktlose Angelegenheit. Ich bin übrigens richtig dankbar, wenn mein Gegenüber mich darauf hinweist und etwa sagt: „Du, ich kann dir nicht mehr zuhören“ oder „Das ist mir jetzt zuviel Info“. Ich weiß aber von mir selbst, wie schwer das ist. Wir haben da diese Hemmung, den anderen zu unterbrechen und ihm ganz klar zu sagen, daß wir genug haben. Wir wollen höflich sein und machen gute Miene zum nicht so guten Spiel.

Am Internationalen Frauentag hielt ich mich in Münster auf, verbrachte Zeit mit meiner Mutter und erledigte bürokratische Formalitäten für sie in der Stadtverwaltung. Darüber wollte ich gern etwas schreiben, aber ein Windows-Update bewirkte, daß mein Notebook die SD-Karte meiner Kamera nicht mehr erkannte und ich Expertenhilfe brauchte. Sieben Tage war ich ohne Rechner. Am ersten Tag ärgerte ich mich, am zweiten fand ich, daß es mir gut tun könnte, eine Zeitlang offline zu sein. Und so war es dann auch.

Ich merkte dabei auch, daß mir die ganzen Online-Angebote allmählich zum Hals raushängen. Z. B. habe ich mich bei Pioneers of Change angemeldet, weil da einige interessante Leute sprechen sollten, etwa Veronika Bennholt-Thomsen oder Charles Eisenstein. Aber dann kamen schon Wochen vor dem Online-Kongress fast täglich neue Mails mit vielen bunten Smileys vom Veranstalter und ich dachte: Ach, lasst mich doch einfach mal in Ruhe. Na, und dann war ich ohne Notebook, konnte nichts in mein Blog schreiben und mich nicht mit der Infoflut befassen. Da hat mir das Leben also eine handfeste Lektion zum Thema W.A.I.T. gegeben. Das war sogar richtig schön. Stattdessen hatte ich zwei sehr erfreuliche Gesprächskontakte mit meinem Zahnarzt und einer Freundin und nach langen Monaten eine Einzelstunde mit meinem Yogalehrer. Und ich hatte Zeit für schamanische Reisen und viele Kontakte mit der mehr-als-menschlichen Welt.

gefunden in Münster

Ich spiele mit dem Gedanken, mich von Microsoft zu trennen, nicht nur wegen der Probleme, die umfangreiche Updates oft mit sich bringen. Es geht mir extrem auf den Geist, daß ich ständig Sachen auf meinen Rechner geladen bekomme, die ich nicht haben will. Ich denke ernsthaft über Linux nach.