Unerfreuliches und Erfreuliches

Vor einigen Tage geriet ich in eine sehr unerfreuliche Diskussion: eine Frau beschwerte sich über die Energiepolitik der Grünen und sagte daß diese Partei den Mittelstand zu Grunde richtete. Eine andere entgegnete scharf, daß es schließlich klimamäßgig Fünf nach Zwölf sei und Herr Habeck wenigstens einen Anfang machte, etwas an der bevorstehenden Katastrophe zu ändern. Leider fühlte ich mich dann berufen, auch noch meinen Senf dazu zu geben und sagte, daß die sogenannten erneuerbaren Energien alles nur noch schlimmer machten, zumal dafür Regenwälder in Südamerika abgeholzt würden, um an das Lithium in der Erde zu kommen. Eine Vierte fuhr mich an, daß Atomenergie ja wohl auch keine Alternative sei. Da konnte ich mal wieder sehen, wohin solche Gespräche führen – zu nichts als schlechten Gefühlen. Natürlich habe ich noch nie was für Atomenergie übrig gehabt. Ich glaube nicht an diese ganzen technokratischen Lösungen, sie haben in der Vergangenheit bereits zu immer neuen Problemen geführt: von der Dampfmaschine zu den Verbrennungsmotoren, von Kohlenöfen zu Ölheizungen, von der Energie durch Atomkraftwerke zu der durch gigantische Windmühlen, die massenweise Vögel und Insekten schreddern, die Landschaft verschandeln und für die Rohstoffe aus anderen Ländern beschafft werden müssen, indem enorm viel Land und die Lebensgrundlage von Indigenen zerstört werden. Ich glaube, es ist ein gigantischer Bewusstseinswandel nötig, egal ob der Klimawandel menschengemacht ist oder nicht, weil wir so einfach nicht weiterleben können. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Brauchen wir den ganzen Krempel, mit dem wir uns umgeben und der Strom und Ressourcen frisst, um glücklich zu sein und mit allen anderen Wesen in Einklang zu leben?

Aber wie ich mal wieder sehen konnte, führen solche Gespräche zu nichts. Keine konnte die andere überzeugen. Jede war natürlich der Meinung, daß sie recht hat. Und keine erkennt das gesamte Bild, auch die Wissenschaftler nicht, weil auch die alle nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit erkennen können und sich von daher nicht einig sind. Die notwendige Veränderung wird meines Erachtens auch nicht von oben verordnet werden können. Die Geschichte zeigt, daß jeder Versuch, eine paradiesische Gesellschaft zu schaffen, direkt in die Hölle geführt hat: nach der französischen Revolution in das Terrorregime von Robespierre und Saint Just, nach der russischen Revolution zum  Stalinismus, nach Mao Tse Tungs Langem Marsch zur Kulturrevolution. Es funktioniert eben einfach nicht, wenn  man Menschen eine Ideologie überstülpt. Oder anders gesagt: niemand kann wissen, was für die Anderen gut ist. Eine wirklich lebensförderliche Veränderung kann nur von unten und durch kleine Gemeinschaften geschehen, in denen jeder eine Stimme hat und jedem zugehört wird.

Es gab aber auch Erfreuliches: am Sonntag gingen J. und ich im Klabautermann am Hafen von Lippe essen. Dort gibt es leckere Fischgerichte. Davor gingen wir spazieren und anschließend genossen wir den schönen Abendhimmel und die milde Luft. Wir hatten ein gutes Gespräch und ich freue mich, daß ich wieder ein entspanntes Verhältnis zu meinem Ex-Mann habe.

Und am Mittwoch fand ein sehr schöner Kräuterkurs mit einer Gruppe von Kindergärtnerinnen statt (sie selber mögen die Berufsbezeichnung Erzieherin genauso wenig wie ich): lauter interessierte und offene Frauen, gute Gespräche und fröhliche Stimmung.

Heute hat es zu meiner Freude ordentlich gegossen:

 

Endlich Regen

Ich wurde gefragt, warum ich unsere Außenministerin Kriegsministerin nenne. Ganz einfach deshalb, weil sie dermaßen penetrant für Deutschlands Beteiligung an diesem Krieg eintritt („schwere Waffen für die Ukraine“). Ja, ich weiß, daß Frau Lamprecht Verteidigungministerin ist.

Heute fuhr ich nach Kiel. An der Tür des Bäckers hing ein Schild, auf dem erklärt wurde, daß die Läden aus Protest gegen die durch die Decke gehenden Energiepreise dunkel bleiben. Tatsächlich brannte nur ein einziges schummriges Licht über dem Tresen. Später sah ich, daß andere Bäcker es ebenso hielten. Mir soll es recht sein, solange ich noch erkennen kann, was ich kaufen will. Und logischerweise müssen die Bäcker Angst haben, daß sie bald den Strom für ihre Öfen nicht mehr bezahlen können und Brot so teuer wird, daß die Leute Billigbrot beim Discounter kaufen.

Als ich auf dem Markt war, fing es an zu regnen und das steigerte sich zu einem ordentlichen Guss. Ich freute mich so, daß ich den ganzen Heimweg die wenigen Lieder sang, die ich zum Thema Wasser kenne: „Es regnet, es regnet, die Erde wird nass“ und „The river is flowing“ auf Englisch und Deutsch. Am Montag haben B. und ich ein Ritual gemacht, um Regen zu rufen. Danach habe ich täglich aus lauter Sehnsucht nach Regen den Regenradar aufgerufen, obwohl ich mich bisher immer darüber lustig gemacht habe. Und der Regenradar sagte 90%igen Regen voraus, der dann nicht kam. So ist das mit den Modellrechnungen. Eigentlich finde ich es ja schön, daß es eben nicht möglich ist, etwas mit Sicherheit vorherzusagen. Das wissen wir doch aus der Chaosforschung: der bekannte Schmetterlingseffekt. Deshalb lagen ja auch die Modellierer mit ihrer Vorhersage von Millionen Coronatoten so gründlich daneben. Und möglicherweise liegen sie auch mit der Vorhersage von den Kipppunkten durch den Klimawandel daneben. Es bleibt spannend.

Bevor ich mich auf den Heimweg machte, fuhr ich noch durch die Waschanlage, weil ich den Anblick meines vollständig von Staub überzogenen Autos nicht mehr ertragen konnte. Das will schon was heißen. Normalerweise fahre ich nur einmal im Frühling und einmal vor dem Winter zum Autowaschen.

Schachtelhalm

Ich habe erfahren, daß sowohl die anthroposophische als auch die Traditionelle chinesische Medizin Schachtelhalm zur Behandlung von Grauem Star benutzt. Ich habe heute einen OP-Termin für Oktober bekommen, aber bis dahin mache ich den Versuch, die Linsentrübung auf andere Weise zu behandeln. Schachtelhalm macht sehr viel Sinn. Er besteht aus extrem viel Kieselsäure, die eine Lichtträgerin ist und eine enge Beziehung zum Auge hat. Außerdem wächst hinter dem Haus seit zwei Jahren massenweise Schachtelhalm. Ich sage den Teilnehmerinnen meiner Kräuterkurse immer, sie sollen auf Pflanzen achten, die vermehrt in ihrem Umkreis wachsen. Seltsamerweise habe ich selbst das dieses Mal nicht getan. Erst B. hat mich auf diese Idee gebracht.

Leider ist der richtige Erntezeitpunkt vorbei, deshalb kaufte ich das Kraut heute am Kräuterstand. Ich musste eine Weile warten und hörte die Leidensgeschichte einer Kundin mit an. Während der Kräutermann ihr einen Tee mischte, sprach ich sie an, entschuldigte mich für die Einmischung und empfahl ihr die liebe Inke, die nicht nur mir, sondern so vielen Menschen geholfen hat, die ich zu ihr geschickt habe: www.inke-kruse.de

Der Kräutermann mischte die Teepflanzen mit den Händen. Er trug keine Plastikhandschuhe, wie das mittlerweile bei vielen Verkäufern üblich ist. Ich sah ihm fasziniert zu, wie er mit den Händen in die Holzschale ging und die Pflanzeteile hindurch rieseln ließ. Das sah so liebevoll, so zärtlich aus, daß mir ganz warm ums Herz wurde. Er hat eine Beziehung zu den Pflanzen und das macht einen wesentlichen Teil der Heilwirkung aus, oder wie die TCM-Ärztin Marianne Ruoff es sinngemäß mal gesagt hat (laut Wolf-Dieter Storl): Es sind nicht allein die Inhaltsstoffe, sondern auch das Chi der Pflanze, was heilt. Und ich bin überzeugt, auch das Chi der Person, die die Pflanzenmedizin zubereitet.

Als ich dran war, sagte ich ihm, wie gut mir gefallen hätte, daß er mit beiden Händen in der Teemischung war und auf diese Weise seine Energie hineingegeben hätte. Das hat ihn gefreut.

Wasserhanf

Gestern ging ich über das abgeerntete Rapsfeld und stand plötzlich vor einer Wasserhanfpflanze, an deren Blüten ein Kohlweißling naschte. Das fand ich ziemlich erstaunlich: das Feld ist mit Glyphosat getränkt und durch den anhaltenden Regenmangel völlig ausgedörrt. Wasserhanf, auch Wasserdost und Kunigundenkraut genannt, liebt aber feuchte Standorte, wie der Name verrät. Außerdem sind alle Wasserhanfpflanzen in meinem Umkreis längst verblüht. Diese aber blühte und hatte sogar noch geschlossene Knospen. Wahrscheinlich ist der Samen mit dem Wind hierher gekommen, aber daß er sich hier auch zu einer Pflanze entwickeln konnte, ist schon erstaunlich. Wasserhanf ist eine meiner liebsten Heilpflanzen. Wegen der in ihr enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide, die in großer Menge die Leber schädigen können, ist er in Verruf geraten wie so viele andere altbewährte Heilpflanzen. Aber wie immer: die Dosis macht das Gift. Wolf-Dieter Storl hat einen sehr differenzierten Essay zum Thema in seinem auch sonst lesenswerten Buch Einsichten und Weitblicke geschrieben.

Bald werden große Maschinen mit gigantischen Pflugscharen dieses Feld umpflügen und damit auch den Wasserhanf vernichten. Ich hockte mich also zu der Pflanze und sagte ihr, daß ich sie gern ausgraben und in meinen Garten nehmen wolle. Normalerweise rate ich den Teilnehmerinnen meiner Kräuterkurse davon ab Pflanzen auszugraben. Aber in diesem Falle fand ich das richtig und die Pflanze schien auch keine Einwände zu haben. Ich holte die Grabgabel und mühte mich ab, damit in den knochentrockenen und fast steinharten Boden zu kommen. Jetzt steht der Wasserhanf in meinem Garten und als ich ihn heute besuchte, sah er ganz gut aus.

Die erste Herbstzeitlose ist da

Ich lese gerade ein Buch, das mir meine Tochter geliehen hat: The Psychology of Totalitarianism von Mattias Desmet, einem belgischen Psychoanalytiker, leider noch nicht auf Deutsch erhältlich. Es geht darin um den sich immer deutlicher abzeichnenden globalen Trend zur totalen Kontrolle der Bevölkerung, der mit dem C-Thema rasant an Fahrt aufgenommen hat. Er beschreibt, wie Wissenschaft früher einen offenen und neugierigen Geist zur Voraussetzung hatte (Beispiel Galileos Beobachtung von Pendelbewegungen) und mittlerweile zur Ideologie verkommen ist. Er führt viele erschreckende Beispiele von Schlampigkeit und Betrug bei wissenschaftlichen Studien an, ganz besonders krass im Feld der Medizin. Und er zeigt auf, wie das mechanistische Weltbild, das eigentlich schon seit ca. 100 Jahren durch Einstein und Heisenberg widerlegt ist, immer noch das bestimmende ist. Als er auf die Tierversuche zu sprechen kam, ohne die die heutige Medizin nicht wäre, überkam mich das Entsetzen über die Art, wie meinesgleichen mit unseren Brüdern und Schwestern umgeht. Ich dachte an Christian Drosten, den Chef-Corona-Berater unserer alten Regierung, der in einem Radiointerview mal völlig nüchtern beschrieb, wie Rhesusaffen mit dem C-Virus infiziert und dann getötet werden, um ihre Lungen zu obduzieren. Er sprach darüber so, als ob es das Natürlichste der Welt sei, Tiere für die Wissenschaft zu quälen. Da wusste ich, daß ich diesem Mann nicht vertrauen kann. Jedes Medikament, jeder Impfstoff, die meisten medizinischen Verfahren und Diagnosemethoden sind an Tieren getestet worden. Und die Menge der auf diese Weise aufs Grausamste behandelten Tiere nimmt von Jahr zu Jahr zu. Wer also Medikamente nimmt oder sich irgendwelchen medizinischen Verfahren unterwirft, trägt indirekt mit Verantwortung für das unbeschreibliche und unerträgliche Leid dieser Lebewesen. Ich will hier keinem Schuldgefühle machen – auch ich habe in meinem Leben schon Medikamente genommen, bin davon jedoch immer mehr abgekommen – aber es scheint mir wichtig, das zu wissen. Diese Art von Medizin kann nicht wirklich heilen, sie kann nichts Gutes bewirken, letztlich schafft sie nur ganz mieses Karma.

99 Luftballons

Die Empörung über die Aussage der deutschen Kriegsministerin, sie werde solange an der Seite der Ukraine bleiben, wie die sie brauchte, „egal was meine Wähler denken“, ist groß. Ich habe sie mir gerade im Zusammenhang angehört und finde so gar nicht so empörend. Daß Frau Baerbock ziemlich heiß darauf ist, die Russen fertig zu machen, egal um welchen Preis, ist seit einigen Monaten bekannt. Und daß ihr ihre Wähler egal sind, ist nur ausgesprochen, was sonst kein Regierender je so offen gesagt hat, obwohl es ein Faktum ist. Wahlen dienen eben nicht dem Wohl der Bürger sondern den Interessen der Herrschenden und derer, die hinter ihnen stehen. Es ist kein Geheimnis, daß Regierungen eine große Verachtung für ihre Bürger hegen und Bürger eine ebenso große Verachtung für ihre Regierungen. Im Falle des Ukrainekrieges, der von unserer Kriegsministerin als Freiheitskampf des Westens hochgejubelt wird, steht ganz klar die USA dahinter. Da kann eine dann auch schon mal die vor der Wahl getroffene Zusage, sich für die Freiheit von Julian Assange einzusetzen, unter den Tisch fallen lassen und den Mann weiterhin im Gefängnis vergammeln lassen, denn man will ja die USA nicht mit solchen Banalitäten wie der Freiheit einer Person verärgern, deren „Verbrechen“ darin besteht, daß sie die Kriegsverbrechen der USA aufgedeckt hat.

Die Russen fertig machen wollte bekanntermaßen schon mal ein Mann aus Deutschland. Der ist damit vor 77 Jahren krachend gescheitert. Die Leidtragenden waren auch damals die Bürger, sowohl auf russischer wie auf deutscher Seite. Vielleicht mal aus der Geschichte lernen?

Ich habe Hoffnung, daß es immer mehr Menschen auffällt, daß ein böses Spiel mit uns gespielt wird. Außerdem zeigt dieses Geschehen, daß Frauen eben nicht automatisch die besseren, empathischeren Führungspersönlichkeiten abgeben. Das sage ich als Frau und Feministin. Es ist wohl kaum möglich, in einem patriarchalen System in eine Führungsposition zu kommen, wenn eine sich nicht an die Spielregeln hält. Und daß Frau Baerbock eine „Young Global Leadership“-Schulung beim Weltwirtschaftsforum des Herrn Schwab durchlaufen hat, spricht für sich selbst.

Ich muss ab und zu an Nenas Lied 99 Luftballons aus den 80er Jahren denken: https://www.youtube.com/watch?v=Fpu5a0Bl8eY

Neulich habe ich es mal wieder gehört und finde, es passt gut in die heutige Zeit. Ich bin nie eine richtige Fanin von Nena gewesen, hatte aber auch nichts gegen ihre Musik. Je älter sie wird, desto besser gefällt sie mir mit ihrer Klarheit und Unerschrockenheit. Die Frau hat Eier!

Gendern

Nachtrag zu meinem letzten Post: um ehrlich zu sein, bin ich natürlich zu dem Arzt gegangen, zu dem ich eigentlich nie wieder gehen wollte, weil ich Hilfe brauchte und sie mir von ihm erhoffte. Daß er was kann, habe ich ja schon einige Male erlebt. Die Einsicht, daß ich mit allen reden können müsste, gerade in heutigen Zeiten, kam danach.

Seit einiger Zeit mache ich mir Gedanken über das Gendern. Ich lege schon Wert darauf, als Frau angesprochen zu werden und wenn auf der Homepage einer neu gegründeten Genossenschaft als ein Grundprinzip „Brüderlichkeit“ angegeben wird, deute ich das so, daß diese Leute keine Frauen dabei haben wollen. Andrerseits nimmt das Gendern mittlerweile Ausmaße an, die ich nur noch krampfhaft finde. Dann schickte mir meine Tochter den Artikel eines Linguisten zum Thema, der auf den Nachdenkseiten erschienen ist (an dieser Stelle eine Empfehlung für die Nachdenkseiten: da gibt es zwar auch Meinungsjournalismus, aber man hat hier die Möglichkeit, einige Dinge zu erfahren, die in den Leitmedien einfach nicht auftauchen, z. B. eine kritische Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine und wie es dazu kam).

Die Argumente von Ralf Vogel gefallen mir. Ich wiederhole sie jetzt nicht, man kann sie ja nachlesen. Sprache ist sehr persönlich und sie muss frei sein. Wenn man Menschen bestimmte Worte aus Gründen der politischen Korrektheit vorschreibt, dann heißt das noch lange nicht, daß sie auch so denken. Ich benutze gern gelegentlich Kraftworte, man kann sie auch vulgär nennen. Das mag eine Folge der strengen Erziehung meiner Eltern sein, die sehr viel Wert auf kultiviertes Sprechen legten. Auf jeden Fall macht mir eine deftige Ausdrucksweise oft Freude. Wahrscheinlich gefällt das nicht jedem. Aber ich werde verstanden und das ist die Hauptsache.

Und das muss ich auch anderen zugestehen. Ralf Vogel mag nicht gendern. Das verstehe ich, auch wenn es mich betrübt, daß er wieder zum generischen Maskulinum übergegangen ist. Ich fände es sehr reizvoll, zur Abwechslung mal das generische Femininum zu nehmen, schon deshalb, weil in den meisten weiblichen Begriffen der männliche enthalten ist. Beispiel: Mitarbeiter-in. Aber dafür ist wahrscheinlich die Zeit noch nicht gekommen.

So wie Ralf Vogel sich die Freiheit nimmt, überwiegend die männliche Form zu benutzen, kann ich mir die Freiheit nehmen, so zu sprechen, wie es mir gefällt. Da kommt dann öfter die weibliche Form vor, schon deshalb, weil ich als junge Frau noch erlebt habe, daß Frauen Menschen zweiter Klasse waren. Beispiel: als junge verheiratete Frau brauchte ich die Erlaubnis meines damaligen Ehemannes, um arbeiten und mein eigenes Geld verdienen zu dürfen. Dieses Gesetz wurde 1979 aufgehoben. Sprache ist lebendig und kann nicht von oben diktiert werden. Ich halte es mit Pippi Langstrumpf und mache mir die Sprache so, wie sie mir gefällt. Das heißt, daß ich dann schon mal Worte wie Körperin (habe ich von Ilan Stephani übernommen) oder Planetin benutze, einfach weil es mir Spaß macht. Überhaupt liebe ich Sprache. Ich mag die deutsche Sprache für ihre Präzision, aber auch im Englischen und Französischen mache ich immer wieder schöne und spannende Entdeckungen. Wie öde, wenn sich alle nur noch politisch korrekt ausdrücken.

Übrigens Pippi Langstrumpf: diese Bücher habe ich als Kind sehr gemocht. Und mich hat nicht im mindesten gestört, daß ihr Vater Negerkönig war. In den neuen Ausgaben hat man aus dem Negerkönig eine Südseekönig gemacht. Wahrscheinlich rotiert Astrid Lindgren in ihrem Grab, vielleicht steht sie auch über all dem Irrsinn. Es gab ja mal Zeiten, da war das Wort Neger keineswegs diskriminierend. Die Schwarzen nannten sich ja selbst „negroes“ und das heißt einfach nur Schwarzer. Wenn heute einer von People of Colour spricht, ist damit keineswegs garantiert, daß er frei von Rassismus ist. Was man Pippi Langstrumpf mit dem Südseekönig angetan hat, ist eine Form von Zensur. Konsequenterweise müsste dann die ganze Bibel umgeschrieben werden, denn da wimmelt es nur so von frauenverachtenden und sonstwie diskriminierenden Ausdrücken.

Ich bette gleich meine Körperin zur Ruhe und wünsche allen Menschen lustvolles Spielen mit Sprache.