Holles Garten Blog

„Wir haben es nicht gewusst“

Am Wochenende fuhr ich mit J. nach Flensburg. Wir machten mit K. und M. eine Tour mit der Viking um die Ochseninseln nach Glücksburg. Das Wetter war angenehm und wir saßen gemütlich auf dem Oberdeck, hörten uns die Erklärungen zu den Sehenswürdigkeiten entlang der Förde auf Deutsch und Dänisch (was ich nicht verstehe) an und aßen Hot Dogs. In Glücksburg ging es dann durch den herbstlichen Wald und zum Kaffeetrinken am Schloss. Dort erfuhr ich dann auch, daß die kleinen Erker an den Außenmauern Toiletten waren, aus denen die menschlichen Ausscheidungen direkt ins Wasser fielen. Abends gab es M.s legendäre Pizza und einen Italo-Western. Alles in Allem ein gemütliches Wochenende.

Gestern Abend war ich in Kiel und hörte mir einen Vortrag von Christian Kreiss an. Ich habe im Post Empfehlung schon über ihn geschrieben und freute mich über die Möglichkeit ihn live zu erleben. Spannend und ermutigend finde ich, daß er nicht nur Professor für Volkswirtschaft ist, sondern sich auch mit den geistigen Hintergründen unserer derzeitigen Situation (C-Krise, Krieg in der Ukraine, der Zusammenbruch des Wirtschaftssystems) befasst. Das hätte ich einem Volkswirtschaftler und ehemaligen Investmentbanker eigentlich nicht zugetraut. Er hat mir ziemlich gut gefallen. Ich traf natürlich etliche Menschen, die ich in den letzten zwei Jahren kennengelernt habe und besonders erfreut war ich über die Begegnung mit einer Frau, die ich aus ganz anderen Zusammenhängen kenne. Wir hatten nie eine besonders enge Beziehung, aber gestern freuten wir beide uns so sehr, daß wir uns gleich in den Armen lagen.

Heute bekam ich einen neuen Post von Charles Eisenstein (charleseisenstein.substack.com). Man kann sich auf seiner Webseite anmelden und bekommt dann die neuen Beiträge per Mail zugeschickt. Alles, was er schreibt, gefällt mir. Er ist ein radikaler Visionär und ich bewundere seine ausgleichende Art. Er verzichtet völlig auf das sonst übliche Blaming, in das ich auch gelegentlich abgleite, wenn ich richtig in Rage bin. Aber in seinem heutigen Beitrag Amnesty yes – and here is the price ist er richtig wütend. Es geht um den Vorschlag der amerikanischen Wirtschaftprofessorin Emily Oster, die an der Bevölkerung durch die Coronamaßnahmen begangenen Verbrechen zu verzeihen und denjenigen, die uns über die Wirksamkeit von Lockdowns, Masken und Impfstoffen angelogen haben quasi zu amnestieren. Er widerspricht dem entschieden und sehr pointiert, nicht weil es ihm um Strafe und Rache geht, sondern weil er will, daß das, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren erlebt haben, nicht wieder passiert. Interessant ist übrigens, daß Emily Oster mit dem Argument für eine Amnestie wirbt, man habe es nicht gewusst, daß die ganzen Maßnahmen nicht nur nichts bringen, sondern samt und sonders erheblich geschadet haben. Da wird der gute Charles Eisenstein richtig böse und ich beim Lesen auch. Wir in Deutschland kennen das ja hinlänglich, dieses „Wir haben es nicht gewusst“. Nein, damit kann heute keiner mehr durchkommen. Im meinem Umfeld gibt es auch Menschen, die abwehren, wenn es auf dieses Thema kommt: „Ich will davon nichts wissen, das macht mir schlechte Laune.“ Ja, mir macht das auch schlechte Laune und gelegentlich schlaflose Nächte, wenn ich glasklar sehe, wie eine extrem reiche Elite dabei ist, einen neuen Totalitarismus zu installieren und ein Großteil der Menschen dabei mitspielt. Da muss ich Ulrike Guérot recht geben, wenn sie im Titel ihres Buches sagt: „Wer schweigt, stimmt zu.“

Auch die Oya, die Zeitschrift, für die ich so viele Jahre Werbung gemacht, die ich mit Geld unterstützt habe und deren Genossenschaft ich beigetreten bin, unterschlägt dieses Thema fast vollständig. Es gab dazu in diesem Jahr schon ein paar kritische und nachfragende Leserbriefe, die für mich unbefriedigend beantwortet wurden. Ich habe dann auch noch einen Leserinnenbrief  mit dem Titel „Nicht unter den Teppich kehren“ geschrieben, der nicht veröffentlicht wurde. Ebenso eine Rezension zu Mattias Desmets Buch The Psychology of Totalitarianism. Immerhin habe ich dann auf meine erneute Nachfrage eine ausführliche Antwort bekommen: man mache keinen investigativen sondern konstruktiven Journalismus; außerdem wolle man keine Menschen gefährden, die die Coronamaßnahmen sehr frei für sich interpretiert haben. Für den letzten Grund habe ich vollstes Verständnis, dennoch bleibt ein Gefühl, daß es einen anderen Grund dafür gibt, daß die Oya seit über zwei Jahren zum C-Thema schweigt. Ich vermute, der eigentliche Grund ist Angst: Angst Abonnenten und Anzeigenkunden zu verlieren. Ich habe die Oya jahrelang extrem geschätzt, besonders wegen ihrer sehr ehrlichen Auseinandersetzung mit eigenen Haltungen.  Das hatte ich bis dahin in keiner Zeitschrift so gefunden. Jetzt bin ich sowohl aus dem Hütekreis als auch aus der Genossenschaft ausgetreten. Das Abo behalte ich aber vorerst. Vielleicht ändert sich ja noch was, außerdem gibt es immer mal wieder den einen oder anderen schönen Artikel.

 

 

Entscheidung

Eigentlich sollte am Montag meine Augenoperation stattfinden. Ich stand schon vor der Glaswand des OP und erkundigte mich sicherheitshalber, ob ich die bifokale Linse eingesetzt bekäme, die ich mir ausgesucht hatte. Der Frau, die am PC saß, fiel alles aus dem Gesicht. Nein, davon wisse man nichts und überhaupt seien dafür spezielle Untersuchungen erforderlich. Nun muss ich dazu sagen, daß ich Wochen vorher in der Klinik angerufen hatte, um zu klären, welche Linse ich haben wollte, ob dafür zusätzliche Untersuchungen gemacht werden müssten und ob ich dazu zahlen müsste. Keine dieser Fragen wurde, so stellte es sich jetzt heraus, richtig beantwortet. Weil ich aber ein komisches Gefühl hatte, habe ich noch mal gefragt. Ein Glück, da ich sonst jetzt eine Linse im Auge hätte, die ich auf keinen Fall wollte. Immerhin glaubte man mir und später hörte ich, wie man die Person, die mir eine falsche Auskunft gegeben hatte, zur Rechenschaft zog. Ich hatte noch ein Gespräch mit dem Arzt, hörte mir viele Entschuldigungen an, durchlief etliche Untersuchungen an komischen Geräten und habe den nächsten OP-Termin in zwei Wochen.

Ich haderte nicht lange mit dieser Sache. Wer weiß, wozu das Ganze gut ist. Jetzt kann ich mich noch mal in Ruhe mit meinen Augen unterhalten. Die meisten Menschen in meinem Umfeld haben mir Mut gemacht. Einige haben von ihren erfolgreichen Kataraktoperationen erzählt. Nur einer hat mir ganz klar gesagt: „Ich würde mich nicht operieren lassen.“ Das hat mich beschäftigt, weil es meine eigenen Vorbehalte berührt, nämlich gegenüber der Schulmedizin. Ich weiß, daß für diesen Eingriff ein volles JA erforderlich ist, damit alles gut verlaufen kann. Ich würde so gern auf diese OP verzichten. Aber in den elf Wochen seit ich weiß, daß ich Grauen Star habe, hat sich mein Sehen verschlechtert. Ich habe einiges unternommen: zwei enegetische Behandlungen, Schachtelhalmabkochungen und -augentropfen, Schüsslersalze, Reiki und Heilmeditation- nichts hat irgendeine Besserung bewirkt. Ich sehe die Welt mittlerweile als impressionistisches bewegtes Bild. Menschliche Gesichter erkenne ich nur verschwommen; so habe ich neulich K. auf dem Markt nicht erkannt. Straßenschilder kann ich nur mit Mühe entziffern. Diese schnell voranschreitende Verschlechterung macht mir Angst.

Vor etwa zwanzig Jahren habe ich angefangen, Augenübungen zu machen, um meine beginnende Weitsichtigkeit zu korrigieren. Meine Disziplin hat sich gelohnt: erst mit 59 Jahren kaufte ich mir meine erste Lesebrille. Die funktioniert übrigens heute noch, allerdings nicht mehr so gut. Gegen Grauen Star habe ich keine Übungen gefunden, er war aber auch all die Jahre kein Thema für mich.

Wenn mir also jemand sagt, er würde sich nicht operieren lassen, denke ich daran, daß auch ich in der Vergangenheit solche forschen Sprüche rausgehauen oder sie zumindest gedacht habe. Ich bin mittlerweile etwas zurückhaltender. Weiß ich denn, wie ich mich verhalten würde? Vor einigen Jahren hat mir eine Frau ihre Leidensgeschichte mit einem metastasierenden Krebs erzählt: sie hatte eine ultraharte Chemotherapie gemacht und wusste nicht, ob sie die Folgen überleben würde. Sie war noch eine relativ junge Frau. „Wenn du ein Kind hast, dann sieht es alles ganz anders aus,“ sagte sie zu mir und ich verstand es so, daß sie sich ohne ihren kleinen Sohn gegen diese quälende Behandlung entschieden hätte.

Das kleine Quittenbäumchen im Garten hat gut getragen und ich habe Marmelade gekocht. Dann bin ich in den Wald gegangen und habe einen neuen Platz mit schönen alten Eichen gefunden. Auf dem Rückweg fand ich eine gefällte Birke und zog die lose Rinde ab. Ich nehme sie zum Feueranmachen, wenn der Ofen nicht gut zieht. Als ich mich umschaute, entdeckte ich eine Damhirschschaufel am Boden und freute mich, weil ich schon immer mal eins dieser abgeworfenen Geweihe finden wollte. Als ich näher ging, sah ich in den leeren Augenhöhlen eines im Verwesungsprozess befindlichen Damhirsches. Die Pforten zur Anderswelt sind immer direkt nebenan. Wohin gehen überhaupt die Seelen der anderen Tiere? Werde ich sie treffen, wenn ich eines Tages in die andere Welt gehe? Ich hoffe es.

Heute kam per Telegram ein kleiner Film zu mir, in dem die schöne Geschichte von den Imagozellen, die im Raupenkokon den Schmetterling erträumen, erzählt wurde. Ich habe sie das erste Mal vor vielen Jahren von Nicanor Perlas, einem phillipinischen Umweltaktivisten und Politiker gelesen. Er hat sie als Analogie für die heutigen Zeiten erzählt. Sie ist sehr schön und ermutigend. In dem kleinen Film wird herausgestellt, daß es nicht darum geht, Widerstand gegen die Kräfte zu leisten, die die Metamorphose zum Schmetterling  verhindern wollen. Stattdessen sollen Cluster aus dem Imagozellen gebildet werden, die das Neue erträumen. Vernetzt euch, bildet Kreise – das höre ich in den letzten zweieinhalb Jahren so oft. Und genau das mache ich und finde immer wieder neue Menschen. Es gibt aber auch Menschen, mit denen ich nicht mehr gern zusammen bin und sie wohl auch nicht mit mir. Alles ist in Bewegung und wir wissen nicht wohin es geht.

Vor mehr als zwanzig Jahren habe ich einen kleinen Walnussbaum in unseren Garten in Ostholstein gepflanzt. Jetzt trägt er endlich Früchte und J. hat sie für mich geerntet. Auch mein eigener Garten hat mir eine Fülle an Früchten und Gemüse geschenkt. Mehr denn je erfahre ich, was saisonales und regionales Essen bedeutet. Zur Zeit probiere ich alle möglichen Zubereitungsformen von Äpfeln aus.

Begegnung

Autumn is coming

Ich kam von einem meiner Plätze im Wald zurück und sah einen Hasen auf mich zu laufen. Ich blieb stehen und er näherte sich mir bis auf weniger als zwei Meter. Da saß er, irgendwie unschlüssig wirkend. Ich konnte ihn in Ruhe ansehen. Nach einigen langen Momenten lief er dann eilig weiter. Hat er mich nicht wahrgenommen? Und warum blieb er direkt neben mir stehen? Ich weiß es nicht. Aber solche Begegnungen – ich hatte vor zwei Jahren eine ähnliche mit einem Fuchs – berühren mich sehr.

Berührt hat mich auch ein kleiner Film einer freien amerikanischen Hebammenschule, der zum Crowdfunding aufruft. Ich habe ihn in Charles Eisensteins Blog auf Substack gefunden: https://indiebirthsanctuary.org/

Dieser Film hat mich zu Tränen gerührt und eine große Traurigkeit in mir wach gerufen, weil ich an die Geburt meines ersten Kindes erinnert wurde. Vom Moment meiner Aufnahme im Krankenhaus an verlor ich jedes Selbstbestimmungsrecht: Ein Aufnahmearzt, der veranlasste, daß meine in kurzen Abständen auftretenden Wehen mit einem Wehenhemmer weggespritzt wurden, damit die Hebamme nicht geweckt werden musste; am Morgen danach, als die Fruchtblase geplatzt war, die Begegnung mit einer extrem unfreundlichen Hebamme, die mich im Laufe der Geburt wie einen Gegenstand behandelte und mir ohne Ankündigung einen Dammschnitt verpasste (weil das damals Routine war, wie ich später erfuhr), der mir über Monate Schmerzen beim Sitzen bereitete; meinen Mann ließ die Hebamme nur widerwillig in den Kreissaal, wo er dann von einer Ecke in die andere geschoben wurde; mein kleiner Sohn, als er dann da war, wurde mir sofort weggenommen, bekam Silbernitrat in die Augen geträufelt und wurde ins Säuglingszimmer gebracht; als der Dammschnitt ohne Betäubung genäht wurde und ich mit jedem Stich zurückzuckte, presste die Hebamme mir die Lachgasmaske aufs Gesicht und ich versuchte, sie mit aller Kraft daran zu hindern, weil ich ums Verrecken kein Lachgas wollte. Dann blieb ich, so war es damals üblich, eine Woche im Krankenhaus und bekam meinen Sohn fünfmal am Tag zum Stillen, danach wurde er wieder weggebracht. Vieles wird heute anders gemacht. Aber immer noch ist es für die meisten Frauen normal, im Krankenhaus zu gebären. Seit dem alttestamentarischen Fluch „Du sollst mit Schmerzen Kinder gebären“, sieht es schlecht aus für gebärende Frauen, jedenfalls im jüdisch-christlichen Einflussgebiet. Der kleine Film zeigt, wie es anders gehen kann. Frauen könnten, wenn man sie ließe, in den meisten Fällen gebären wie andere Tiere auch, ganz einfach und völlig selbstbestimmt. Und eine gute Hebamme hält sich im Hintergrund und tritt nur dann auf den Plan, wenn sie wirklich gebraucht wird. Und vor allem: eine Geburt im Liegen ist eine ganz blöde Idee: die Bauchaorta wird abgedrückt, was zu mangelhafter Durchblutung führt und das Kind kann beim Passieren des Geburtskanals nicht die Schwerkraft nutzen.

Am Beispiel von Geburten, wie sie bei uns die Norm sind, zeigt sich der Verlust unserer Selbstbestimmung besonders schmerzhaft: ein natürlicher Prozess wurde pathologisiert und in die Hände von Medizinern gelegt. Das hatte eine vollständige Entmündigung der Frauen zur Folge. Es ist an der Zeit, daß wir uns alles wieder zurücknehmen und uns von der Gehirnwäsche befreien, daß Gebären etwas sei, was unter die Aufsicht von Experten gehört.  Wir Frauen sind die Expertinnen, niemand sonst. Es sind unsere Körper, unsere Kinder und eine Geburt ist ein heiliger Akt.

Empfehlung

Birkensamen

Gestern habe ich einen sehr informativen Film gefunden: https://blog.bastian-barucker.de/ein-neues-weltbild-entwickeln-gespraech-mit-prof-christian-kreiss/

Professor Christian Kreiss beschreibt aus der Sicht eines Volkswirtschaftlers und ehemaligen Bankers die derzeitige Weltlage. Vieles war mir bekannt, aber er erklärt die Zusammenhänge sehr gut und auf angenehme Weise und bestätigt, was viele längst wissen: daß die Regierungen die Marionetten der Großkonzerne sind. Klar wird in diesem Interview auch, daß das kapitalistisch-patriarchale System unweigerlich zusammenbrechen wird. Eigentlich ist es das längst, wie er eindrucksvoll erklärt, aber es wird noch künstlich und auf unsere Kosten, besonders aber auf Kosten des globalen Südens am Leben gehalten. Mir ist mal wieder klar geworden, daß wir trotz aller derzeitiger Ungemütlichkeiten noch relativ privilegiert sind. Europa ist nach wie vor die Kernzone des Kolonialismus und beutet hemmungslos andere Länder aus.

Im Übrigen möchte ich auf die Website von Bastian Barucker, der dieses Interview geführt hat. hinweisen, besonders auf sein Blog. Ich habe schon einiges von ihm gehört und gelesen und es gefällt mir sehr gut.

Etwas abschließen

Ein Gewitter ist im Anmarsch

Vor einer Woche haben mein Sohn, seine Freundin und ich die Dinge aus der Wohnung meiner Mutter geholt, die wir gebrauchen können und mit einem gemieteten Transporter nach Flensburg und zu mir geschafft. Den größten Teil räumte eine Entrümpelungsfirma raus. Es ist mir bei der Gelegenheit klar geworden, daß wir alle zu viele Sachen angehäuft haben. Denn auch wir haben ja genug und konnten nicht all die schönen Gegenstände, die meine Eltern im Laufe ihres Zusammenlebens angeschafft haben, bei uns unterbringen. Einige wenige Dinge holt mein Sohn noch ab, dann wird die Wohnung vemietet.

Ich war ziemlich aufgeregt, vor allem, weil ich noch nie ein so großes Auto gefahren habe. Das größte war bisher ein alter Pick-up, den mein Exmann mal gekauft hatte. Aber alles lief ganz einfach, außerdem konnten wir uns beim Fahren ablösen. Dabei habe ich übrigens wieder mal die Erfahrung gemacht, wie gut es sich anfühlt, sich einer Aufgabe zu stellen, vor der ich Angst habe. Jetzt ist diese Sache abgeschlossen und damit auch der endgültige Abschied von Münster. Es gibt dort keine Menschen mehr, denen ich mich verbunden fühle.

Verlassenes Wespennest in einem Nistkasten

Das Buch The Psychology of Totalitarianism von Mattias Desmet habe ich vor einigen Wochen bereits empfohlen. Ich habe es jetzt ausgelesen und finde es sehr gut, vor allem das tröstliche Ende. Es ist schon erstaunlich, wie lange es dauert, bis neue wissenschaftliche Erkenntnisse sich durchsetzen. Denn die von Regierungen und Wirtschaft zu Rate gezogenen Wissenschaftler, seien es Virologen, Klimaforscher oder diejenigen, die Computer mit Daten füttern, um Zukunftsprognosen zu erstellen, arbeiten immer noch auf der Grundlage des mechanistischen Weltbildes, das die Welt als Maschine versteht. Das ist aber seit etwa hundert Jahren widerlegt, durch so bekannte Leute wie Albert Einstein, Werner Heisenberg, Niels Bohr und Max Planck. Sie alle haben festgestellt, daß am Grunde von allem keine Materie mehr existiert, sondern Energie und dahinter wirkt offensichtlich ein geistiges Prinzip, das manche Gott nennen. Für mich ist es das Große Geheimnis. Gemäß diesem Weltbild gibt es keine Sicherheit und dementsprechend keine Kontrolle. Und der Mensch ist nicht die Krone der Schöpfung sondern ein Teil des Netzwerks des Lebens. Dementsprechend werden die ganzen Pläne der reichen Eliten, die Menschheit mittels Chips, KI und Vernichtung von Privatsphäre und Selbstbestimmung über kurz oder lang scheitern.

Im Internet kursieren mittlerweile wütende und empörte Kommentare zu Mattias Desmets Buch. Man wirft ihm vor, die „Schuld“ an den Dauerkrisen der letzten zweieinhalb Jahre den hypnotisierten Massen zuzuschreiben und die ekligen Pläne der reichen Eliten unter den Tisch fallen zu lassen. Aber wer so etwas behauptet, hat entweder das Buch nicht gelesen, nicht verstanden oder verfolgt eine andere Agenda: daß es nämlich einen Bösen geben muss, dem man die Schuld geben kann und der in letzter Konsequenz vernichtet werden muss. Dabei hat Desmet klar herausgearbeitet, daß in allen totalitären Systemen, in Hitlers Deutschland und in Stalins Sowjetunion, große Teile der Bevölkerung den Regierungen in die Hände gespielt haben. Um Menschen dahin zu bringen, ist das effektivste Mittel Angst zu erzeugen. Wie gut das funktioniert, haben wir seit Ausrufung der C-Pandemie erlebt. Wie immer: It takes two to tango.

Nicht nur die extremen Impf- und Maskenbefürworter haben eine sehr reduzierte Sicht auf das ganze Geschehen, leider gilt das auch für viele der Maßnahmenkritiker: jede Seite bezichtigt die anderen, im Unrecht zu sein und spricht ihr in gewisser Weise die Menschlichkeit ab. Das ist sehr traurig und sehr schädlich. Ich habe es mir zum Prinzip gemacht, auch mit denen zu sprechen, die völlig anderer Meinung sind als ich. Das gelingt nicht immer und wenn, nicht immer auf eine gute Weise. Aber ich befinde mich wie alle anderen ja in einem großen Übungsfeld. Eins weiß ich sicher: wenn wir den Graben zwischen uns offen lassen, haben wir verloren.

In Mattias Desmets Buch fand ich eine schönes Zitat von Alexander Solschenizyn, der eins der berüchtigten Arbeitslager unter Stalin am eigenen Leibe erlebt und seine Erfahrungen in dem Buch Archipel Gulag verarbeitet hat. Ich gebe es hier in meinen eigenen Worten wieder: Es wäre einfach, das Böse zu vernichten, wenn wir es außerhalb von uns verorteten. Aber die Grenze zwischen Gut und Böse geht mitten durch unsere Herzen.

Ich glaube, daß die Selbsterkenntnis und der damit verbundene Bewusstwerdungsprozess die wichtigste und nachhaltigste Weise ist, um in die Selbstverantwortung zu kommen und eine solide Resistenz gegen totalitäre Bestrebungen zu entwickeln.

 

Unerfreuliches und Erfreuliches

Vor einigen Tage geriet ich in eine sehr unerfreuliche Diskussion: eine Frau beschwerte sich über die Energiepolitik der Grünen und sagte daß diese Partei den Mittelstand zu Grunde richtete. Eine andere entgegnete scharf, daß es schließlich klimamäßgig Fünf nach Zwölf sei und Herr Habeck wenigstens einen Anfang machte, etwas an der bevorstehenden Katastrophe zu ändern. Leider fühlte ich mich dann berufen, auch noch meinen Senf dazu zu geben und sagte, daß die sogenannten erneuerbaren Energien alles nur noch schlimmer machten, zumal dafür Regenwälder in Südamerika abgeholzt würden, um an das Lithium in der Erde zu kommen. Eine Vierte fuhr mich an, daß Atomenergie ja wohl auch keine Alternative sei. Da konnte ich mal wieder sehen, wohin solche Gespräche führen – zu nichts als schlechten Gefühlen. Natürlich habe ich noch nie was für Atomenergie übrig gehabt. Ich glaube nicht an diese ganzen technokratischen Lösungen, sie haben in der Vergangenheit bereits zu immer neuen Problemen geführt: von der Dampfmaschine zu den Verbrennungsmotoren, von Kohlenöfen zu Ölheizungen, von der Energie durch Atomkraftwerke zu der durch gigantische Windmühlen, die massenweise Vögel und Insekten schreddern, die Landschaft verschandeln und für die Rohstoffe aus anderen Ländern beschafft werden müssen, indem enorm viel Land und die Lebensgrundlage von Indigenen zerstört werden. Ich glaube, es ist ein gigantischer Bewusstseinswandel nötig, egal ob der Klimawandel menschengemacht ist oder nicht, weil wir so einfach nicht weiterleben können. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Brauchen wir den ganzen Krempel, mit dem wir uns umgeben und der Strom und Ressourcen frisst, um glücklich zu sein und mit allen anderen Wesen in Einklang zu leben?

Aber wie ich mal wieder sehen konnte, führen solche Gespräche zu nichts. Keine konnte die andere überzeugen. Jede war natürlich der Meinung, daß sie recht hat. Und keine erkennt das gesamte Bild, auch die Wissenschaftler nicht, weil auch die alle nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit erkennen können und sich von daher nicht einig sind. Die notwendige Veränderung wird meines Erachtens auch nicht von oben verordnet werden können. Die Geschichte zeigt, daß jeder Versuch, eine paradiesische Gesellschaft zu schaffen, direkt in die Hölle geführt hat: nach der französischen Revolution in das Terrorregime von Robespierre und Saint Just, nach der russischen Revolution zum  Stalinismus, nach Mao Tse Tungs Langem Marsch zur Kulturrevolution. Es funktioniert eben einfach nicht, wenn  man Menschen eine Ideologie überstülpt. Oder anders gesagt: niemand kann wissen, was für die Anderen gut ist. Eine wirklich lebensförderliche Veränderung kann nur von unten und durch kleine Gemeinschaften geschehen, in denen jeder eine Stimme hat und jedem zugehört wird.

Es gab aber auch Erfreuliches: am Sonntag gingen J. und ich im Klabautermann am Hafen von Lippe essen. Dort gibt es leckere Fischgerichte. Davor gingen wir spazieren und anschließend genossen wir den schönen Abendhimmel und die milde Luft. Wir hatten ein gutes Gespräch und ich freue mich, daß ich wieder ein entspanntes Verhältnis zu meinem Ex-Mann habe.

Und am Mittwoch fand ein sehr schöner Kräuterkurs mit einer Gruppe von Kindergärtnerinnen statt (sie selber mögen die Berufsbezeichnung Erzieherin genauso wenig wie ich): lauter interessierte und offene Frauen, gute Gespräche und fröhliche Stimmung.

Heute hat es zu meiner Freude ordentlich gegossen:

 

Endlich Regen

Ich wurde gefragt, warum ich unsere Außenministerin Kriegsministerin nenne. Ganz einfach deshalb, weil sie dermaßen penetrant für Deutschlands Beteiligung an diesem Krieg eintritt („schwere Waffen für die Ukraine“). Ja, ich weiß, daß Frau Lamprecht Verteidigungministerin ist.

Heute fuhr ich nach Kiel. An der Tür des Bäckers hing ein Schild, auf dem erklärt wurde, daß die Läden aus Protest gegen die durch die Decke gehenden Energiepreise dunkel bleiben. Tatsächlich brannte nur ein einziges schummriges Licht über dem Tresen. Später sah ich, daß andere Bäcker es ebenso hielten. Mir soll es recht sein, solange ich noch erkennen kann, was ich kaufen will. Und logischerweise müssen die Bäcker Angst haben, daß sie bald den Strom für ihre Öfen nicht mehr bezahlen können und Brot so teuer wird, daß die Leute Billigbrot beim Discounter kaufen.

Als ich auf dem Markt war, fing es an zu regnen und das steigerte sich zu einem ordentlichen Guss. Ich freute mich so, daß ich den ganzen Heimweg die wenigen Lieder sang, die ich zum Thema Wasser kenne: „Es regnet, es regnet, die Erde wird nass“ und „The river is flowing“ auf Englisch und Deutsch. Am Montag haben B. und ich ein Ritual gemacht, um Regen zu rufen. Danach habe ich täglich aus lauter Sehnsucht nach Regen den Regenradar aufgerufen, obwohl ich mich bisher immer darüber lustig gemacht habe. Und der Regenradar sagte 90%igen Regen voraus, der dann nicht kam. So ist das mit den Modellrechnungen. Eigentlich finde ich es ja schön, daß es eben nicht möglich ist, etwas mit Sicherheit vorherzusagen. Das wissen wir doch aus der Chaosforschung: der bekannte Schmetterlingseffekt. Deshalb lagen ja auch die Modellierer mit ihrer Vorhersage von Millionen Coronatoten so gründlich daneben. Und möglicherweise liegen sie auch mit der Vorhersage von den Kipppunkten durch den Klimawandel daneben. Es bleibt spannend.

Bevor ich mich auf den Heimweg machte, fuhr ich noch durch die Waschanlage, weil ich den Anblick meines vollständig von Staub überzogenen Autos nicht mehr ertragen konnte. Das will schon was heißen. Normalerweise fahre ich nur einmal im Frühling und einmal vor dem Winter zum Autowaschen.

Schachtelhalm

Ich habe erfahren, daß sowohl die anthroposophische als auch die Traditionelle chinesische Medizin Schachtelhalm zur Behandlung von Grauem Star benutzt. Ich habe heute einen OP-Termin für Oktober bekommen, aber bis dahin mache ich den Versuch, die Linsentrübung auf andere Weise zu behandeln. Schachtelhalm macht sehr viel Sinn. Er besteht aus extrem viel Kieselsäure, die eine Lichtträgerin ist und eine enge Beziehung zum Auge hat. Außerdem wächst hinter dem Haus seit zwei Jahren massenweise Schachtelhalm. Ich sage den Teilnehmerinnen meiner Kräuterkurse immer, sie sollen auf Pflanzen achten, die vermehrt in ihrem Umkreis wachsen. Seltsamerweise habe ich selbst das dieses Mal nicht getan. Erst B. hat mich auf diese Idee gebracht.

Leider ist der richtige Erntezeitpunkt vorbei, deshalb kaufte ich das Kraut heute am Kräuterstand. Ich musste eine Weile warten und hörte die Leidensgeschichte einer Kundin mit an. Während der Kräutermann ihr einen Tee mischte, sprach ich sie an, entschuldigte mich für die Einmischung und empfahl ihr die liebe Inke, die nicht nur mir, sondern so vielen Menschen geholfen hat, die ich zu ihr geschickt habe: www.inke-kruse.de

Der Kräutermann mischte die Teepflanzen mit den Händen. Er trug keine Plastikhandschuhe, wie das mittlerweile bei vielen Verkäufern üblich ist. Ich sah ihm fasziniert zu, wie er mit den Händen in die Holzschale ging und die Pflanzeteile hindurch rieseln ließ. Das sah so liebevoll, so zärtlich aus, daß mir ganz warm ums Herz wurde. Er hat eine Beziehung zu den Pflanzen und das macht einen wesentlichen Teil der Heilwirkung aus, oder wie die TCM-Ärztin Marianne Ruoff es sinngemäß mal gesagt hat (laut Wolf-Dieter Storl): Es sind nicht allein die Inhaltsstoffe, sondern auch das Chi der Pflanze, was heilt. Und ich bin überzeugt, auch das Chi der Person, die die Pflanzenmedizin zubereitet.

Als ich dran war, sagte ich ihm, wie gut mir gefallen hätte, daß er mit beiden Händen in der Teemischung war und auf diese Weise seine Energie hineingegeben hätte. Das hat ihn gefreut.

Wasserhanf

Gestern ging ich über das abgeerntete Rapsfeld und stand plötzlich vor einer Wasserhanfpflanze, an deren Blüten ein Kohlweißling naschte. Das fand ich ziemlich erstaunlich: das Feld ist mit Glyphosat getränkt und durch den anhaltenden Regenmangel völlig ausgedörrt. Wasserhanf, auch Wasserdost und Kunigundenkraut genannt, liebt aber feuchte Standorte, wie der Name verrät. Außerdem sind alle Wasserhanfpflanzen in meinem Umkreis längst verblüht. Diese aber blühte und hatte sogar noch geschlossene Knospen. Wahrscheinlich ist der Samen mit dem Wind hierher gekommen, aber daß er sich hier auch zu einer Pflanze entwickeln konnte, ist schon erstaunlich. Wasserhanf ist eine meiner liebsten Heilpflanzen. Wegen der in ihr enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide, die in großer Menge die Leber schädigen können, ist er in Verruf geraten wie so viele andere altbewährte Heilpflanzen. Aber wie immer: die Dosis macht das Gift. Wolf-Dieter Storl hat einen sehr differenzierten Essay zum Thema in seinem auch sonst lesenswerten Buch Einsichten und Weitblicke geschrieben.

Bald werden große Maschinen mit gigantischen Pflugscharen dieses Feld umpflügen und damit auch den Wasserhanf vernichten. Ich hockte mich also zu der Pflanze und sagte ihr, daß ich sie gern ausgraben und in meinen Garten nehmen wolle. Normalerweise rate ich den Teilnehmerinnen meiner Kräuterkurse davon ab Pflanzen auszugraben. Aber in diesem Falle fand ich das richtig und die Pflanze schien auch keine Einwände zu haben. Ich holte die Grabgabel und mühte mich ab, damit in den knochentrockenen und fast steinharten Boden zu kommen. Jetzt steht der Wasserhanf in meinem Garten und als ich ihn heute besuchte, sah er ganz gut aus.

Die erste Herbstzeitlose ist da

Ich lese gerade ein Buch, das mir meine Tochter geliehen hat: The Psychology of Totalitarianism von Mattias Desmet, einem belgischen Psychoanalytiker, leider noch nicht auf Deutsch erhältlich. Es geht darin um den sich immer deutlicher abzeichnenden globalen Trend zur totalen Kontrolle der Bevölkerung, der mit dem C-Thema rasant an Fahrt aufgenommen hat. Er beschreibt, wie Wissenschaft früher einen offenen und neugierigen Geist zur Voraussetzung hatte (Beispiel Galileos Beobachtung von Pendelbewegungen) und mittlerweile zur Ideologie verkommen ist. Er führt viele erschreckende Beispiele von Schlampigkeit und Betrug bei wissenschaftlichen Studien an, ganz besonders krass im Feld der Medizin. Und er zeigt auf, wie das mechanistische Weltbild, das eigentlich schon seit ca. 100 Jahren durch Einstein und Heisenberg widerlegt ist, immer noch das bestimmende ist. Als er auf die Tierversuche zu sprechen kam, ohne die die heutige Medizin nicht wäre, überkam mich das Entsetzen über die Art, wie meinesgleichen mit unseren Brüdern und Schwestern umgeht. Ich dachte an Christian Drosten, den Chef-Corona-Berater unserer alten Regierung, der in einem Radiointerview mal völlig nüchtern beschrieb, wie Rhesusaffen mit dem C-Virus infiziert und dann getötet werden, um ihre Lungen zu obduzieren. Er sprach darüber so, als ob es das Natürlichste der Welt sei, Tiere für die Wissenschaft zu quälen. Da wusste ich, daß ich diesem Mann nicht vertrauen kann. Jedes Medikament, jeder Impfstoff, die meisten medizinischen Verfahren und Diagnosemethoden sind an Tieren getestet worden. Und die Menge der auf diese Weise aufs Grausamste behandelten Tiere nimmt von Jahr zu Jahr zu. Wer also Medikamente nimmt oder sich irgendwelchen medizinischen Verfahren unterwirft, trägt indirekt mit Verantwortung für das unbeschreibliche und unerträgliche Leid dieser Lebewesen. Ich will hier keinem Schuldgefühle machen – auch ich habe in meinem Leben schon Medikamente genommen, bin davon jedoch immer mehr abgekommen – aber es scheint mir wichtig, das zu wissen. Diese Art von Medizin kann nicht wirklich heilen, sie kann nichts Gutes bewirken, letztlich schafft sie nur ganz mieses Karma.

99 Luftballons

Die Empörung über die Aussage der deutschen Kriegsministerin, sie werde solange an der Seite der Ukraine bleiben, wie die sie brauchte, „egal was meine Wähler denken“, ist groß. Ich habe sie mir gerade im Zusammenhang angehört und finde so gar nicht so empörend. Daß Frau Baerbock ziemlich heiß darauf ist, die Russen fertig zu machen, egal um welchen Preis, ist seit einigen Monaten bekannt. Und daß ihr ihre Wähler egal sind, ist nur ausgesprochen, was sonst kein Regierender je so offen gesagt hat, obwohl es ein Faktum ist. Wahlen dienen eben nicht dem Wohl der Bürger sondern den Interessen der Herrschenden und derer, die hinter ihnen stehen. Es ist kein Geheimnis, daß Regierungen eine große Verachtung für ihre Bürger hegen und Bürger eine ebenso große Verachtung für ihre Regierungen. Im Falle des Ukrainekrieges, der von unserer Kriegsministerin als Freiheitskampf des Westens hochgejubelt wird, steht ganz klar die USA dahinter. Da kann eine dann auch schon mal die vor der Wahl getroffene Zusage, sich für die Freiheit von Julian Assange einzusetzen, unter den Tisch fallen lassen und den Mann weiterhin im Gefängnis vergammeln lassen, denn man will ja die USA nicht mit solchen Banalitäten wie der Freiheit einer Person verärgern, deren „Verbrechen“ darin besteht, daß sie die Kriegsverbrechen der USA aufgedeckt hat.

Die Russen fertig machen wollte bekanntermaßen schon mal ein Mann aus Deutschland. Der ist damit vor 77 Jahren krachend gescheitert. Die Leidtragenden waren auch damals die Bürger, sowohl auf russischer wie auf deutscher Seite. Vielleicht mal aus der Geschichte lernen?

Ich habe Hoffnung, daß es immer mehr Menschen auffällt, daß ein böses Spiel mit uns gespielt wird. Außerdem zeigt dieses Geschehen, daß Frauen eben nicht automatisch die besseren, empathischeren Führungspersönlichkeiten abgeben. Das sage ich als Frau und Feministin. Es ist wohl kaum möglich, in einem patriarchalen System in eine Führungsposition zu kommen, wenn eine sich nicht an die Spielregeln hält. Und daß Frau Baerbock eine „Young Global Leadership“-Schulung beim Weltwirtschaftsforum des Herrn Schwab durchlaufen hat, spricht für sich selbst.

Ich muss ab und zu an Nenas Lied 99 Luftballons aus den 80er Jahren denken: https://www.youtube.com/watch?v=Fpu5a0Bl8eY

Neulich habe ich es mal wieder gehört und finde, es passt gut in die heutige Zeit. Ich bin nie eine richtige Fanin von Nena gewesen, hatte aber auch nichts gegen ihre Musik. Je älter sie wird, desto besser gefällt sie mir mit ihrer Klarheit und Unerschrockenheit. Die Frau hat Eier!

Gendern

Nachtrag zu meinem letzten Post: um ehrlich zu sein, bin ich natürlich zu dem Arzt gegangen, zu dem ich eigentlich nie wieder gehen wollte, weil ich Hilfe brauchte und sie mir von ihm erhoffte. Daß er was kann, habe ich ja schon einige Male erlebt. Die Einsicht, daß ich mit allen reden können müsste, gerade in heutigen Zeiten, kam danach.

Seit einiger Zeit mache ich mir Gedanken über das Gendern. Ich lege schon Wert darauf, als Frau angesprochen zu werden und wenn auf der Homepage einer neu gegründeten Genossenschaft als ein Grundprinzip „Brüderlichkeit“ angegeben wird, deute ich das so, daß diese Leute keine Frauen dabei haben wollen. Andrerseits nimmt das Gendern mittlerweile Ausmaße an, die ich nur noch krampfhaft finde. Dann schickte mir meine Tochter den Artikel eines Linguisten zum Thema, der auf den Nachdenkseiten erschienen ist (an dieser Stelle eine Empfehlung für die Nachdenkseiten: da gibt es zwar auch Meinungsjournalismus, aber man hat hier die Möglichkeit, einige Dinge zu erfahren, die in den Leitmedien einfach nicht auftauchen, z. B. eine kritische Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine und wie es dazu kam).

Die Argumente von Ralf Vogel gefallen mir. Ich wiederhole sie jetzt nicht, man kann sie ja nachlesen. Sprache ist sehr persönlich und sie muss frei sein. Wenn man Menschen bestimmte Worte aus Gründen der politischen Korrektheit vorschreibt, dann heißt das noch lange nicht, daß sie auch so denken. Ich benutze gern gelegentlich Kraftworte, man kann sie auch vulgär nennen. Das mag eine Folge der strengen Erziehung meiner Eltern sein, die sehr viel Wert auf kultiviertes Sprechen legten. Auf jeden Fall macht mir eine deftige Ausdrucksweise oft Freude. Wahrscheinlich gefällt das nicht jedem. Aber ich werde verstanden und das ist die Hauptsache.

Und das muss ich auch anderen zugestehen. Ralf Vogel mag nicht gendern. Das verstehe ich, auch wenn es mich betrübt, daß er wieder zum generischen Maskulinum übergegangen ist. Ich fände es sehr reizvoll, zur Abwechslung mal das generische Femininum zu nehmen, schon deshalb, weil in den meisten weiblichen Begriffen der männliche enthalten ist. Beispiel: Mitarbeiter-in. Aber dafür ist wahrscheinlich die Zeit noch nicht gekommen.

So wie Ralf Vogel sich die Freiheit nimmt, überwiegend die männliche Form zu benutzen, kann ich mir die Freiheit nehmen, so zu sprechen, wie es mir gefällt. Da kommt dann öfter die weibliche Form vor, schon deshalb, weil ich als junge Frau noch erlebt habe, daß Frauen Menschen zweiter Klasse waren. Beispiel: als junge verheiratete Frau brauchte ich die Erlaubnis meines damaligen Ehemannes, um arbeiten und mein eigenes Geld verdienen zu dürfen. Dieses Gesetz wurde 1979 aufgehoben. Sprache ist lebendig und kann nicht von oben diktiert werden. Ich halte es mit Pippi Langstrumpf und mache mir die Sprache so, wie sie mir gefällt. Das heißt, daß ich dann schon mal Worte wie Körperin (habe ich von Ilan Stephani übernommen) oder Planetin benutze, einfach weil es mir Spaß macht. Überhaupt liebe ich Sprache. Ich mag die deutsche Sprache für ihre Präzision, aber auch im Englischen und Französischen mache ich immer wieder schöne und spannende Entdeckungen. Wie öde, wenn sich alle nur noch politisch korrekt ausdrücken.

Übrigens Pippi Langstrumpf: diese Bücher habe ich als Kind sehr gemocht. Und mich hat nicht im mindesten gestört, daß ihr Vater Negerkönig war. In den neuen Ausgaben hat man aus dem Negerkönig eine Südseekönig gemacht. Wahrscheinlich rotiert Astrid Lindgren in ihrem Grab, vielleicht steht sie auch über all dem Irrsinn. Es gab ja mal Zeiten, da war das Wort Neger keineswegs diskriminierend. Die Schwarzen nannten sich ja selbst „negroes“ und das heißt einfach nur Schwarzer. Wenn heute einer von People of Colour spricht, ist damit keineswegs garantiert, daß er frei von Rassismus ist. Was man Pippi Langstrumpf mit dem Südseekönig angetan hat, ist eine Form von Zensur. Konsequenterweise müsste dann die ganze Bibel umgeschrieben werden, denn da wimmelt es nur so von frauenverachtenden und sonstwie diskriminierenden Ausdrücken.

Ich bette gleich meine Körperin zur Ruhe und wünsche allen Menschen lustvolles Spielen mit Sprache.