Begegnung

Autumn is coming

Ich kam von einem meiner Plätze im Wald zurück und sah einen Hasen auf mich zu laufen. Ich blieb stehen und er näherte sich mir bis auf weniger als zwei Meter. Da saß er, irgendwie unschlüssig wirkend. Ich konnte ihn in Ruhe ansehen. Nach einigen langen Momenten lief er dann eilig weiter. Hat er mich nicht wahrgenommen? Und warum blieb er direkt neben mir stehen? Ich weiß es nicht. Aber solche Begegnungen – ich hatte vor zwei Jahren eine ähnliche mit einem Fuchs – berühren mich sehr.

Berührt hat mich auch ein kleiner Film einer freien amerikanischen Hebammenschule, der zum Crowdfunding aufruft. Ich habe ihn in Charles Eisensteins Blog auf Substack gefunden: https://indiebirthsanctuary.org/

Dieser Film hat mich zu Tränen gerührt und eine große Traurigkeit in mir wach gerufen, weil ich an die Geburt meines ersten Kindes erinnert wurde. Vom Moment meiner Aufnahme im Krankenhaus an verlor ich jedes Selbstbestimmungsrecht: Ein Aufnahmearzt, der veranlasste, daß meine in kurzen Abständen auftretenden Wehen mit einem Wehenhemmer weggespritzt wurden, damit die Hebamme nicht geweckt werden musste; am Morgen danach, als die Fruchtblase geplatzt war, die Begegnung mit einer extrem unfreundlichen Hebamme, die mich im Laufe der Geburt wie einen Gegenstand behandelte und mir ohne Ankündigung einen Dammschnitt verpasste (weil das damals Routine war, wie ich später erfuhr), der mir über Monate Schmerzen beim Sitzen bereitete; meinen Mann ließ die Hebamme nur widerwillig in den Kreissaal, wo er dann von einer Ecke in die andere geschoben wurde; mein kleiner Sohn, als er dann da war, wurde mir sofort weggenommen, bekam Silbernitrat in die Augen geträufelt und wurde ins Säuglingszimmer gebracht; als der Dammschnitt ohne Betäubung genäht wurde und ich mit jedem Stich zurückzuckte, presste die Hebamme mir die Lachgasmaske aufs Gesicht und ich versuchte, sie mit aller Kraft daran zu hindern, weil ich ums Verrecken kein Lachgas wollte. Dann blieb ich, so war es damals üblich, eine Woche im Krankenhaus und bekam meinen Sohn fünfmal am Tag zum Stillen, danach wurde er wieder weggebracht. Vieles wird heute anders gemacht. Aber immer noch ist es für die meisten Frauen normal, im Krankenhaus zu gebären. Seit dem alttestamentarischen Fluch „Du sollst mit Schmerzen Kinder gebären“, sieht es schlecht aus für gebärende Frauen, jedenfalls im jüdisch-christlichen Einflussgebiet. Der kleine Film zeigt, wie es anders gehen kann. Frauen könnten, wenn man sie ließe, in den meisten Fällen gebären wie andere Tiere auch, ganz einfach und völlig selbstbestimmt. Und eine gute Hebamme hält sich im Hintergrund und tritt nur dann auf den Plan, wenn sie wirklich gebraucht wird. Und vor allem: eine Geburt im Liegen ist eine ganz blöde Idee: die Bauchaorta wird abgedrückt, was zu mangelhafter Durchblutung führt und das Kind kann beim Passieren des Geburtskanals nicht die Schwerkraft nutzen.

Am Beispiel von Geburten, wie sie bei uns die Norm sind, zeigt sich der Verlust unserer Selbstbestimmung besonders schmerzhaft: ein natürlicher Prozess wurde pathologisiert und in die Hände von Medizinern gelegt. Das hatte eine vollständige Entmündigung der Frauen zur Folge. Es ist an der Zeit, daß wir uns alles wieder zurücknehmen und uns von der Gehirnwäsche befreien, daß Gebären etwas sei, was unter die Aufsicht von Experten gehört.  Wir Frauen sind die Expertinnen, niemand sonst. Es sind unsere Körper, unsere Kinder und eine Geburt ist ein heiliger Akt.

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