„Wir haben es nicht gewusst“

Am Wochenende fuhr ich mit J. nach Flensburg. Wir machten mit K. und M. eine Tour mit der Viking um die Ochseninseln nach Glücksburg. Das Wetter war angenehm und wir saßen gemütlich auf dem Oberdeck, hörten uns die Erklärungen zu den Sehenswürdigkeiten entlang der Förde auf Deutsch und Dänisch (was ich nicht verstehe) an und aßen Hot Dogs. In Glücksburg ging es dann durch den herbstlichen Wald und zum Kaffeetrinken am Schloss. Dort erfuhr ich dann auch, daß die kleinen Erker an den Außenmauern Toiletten waren, aus denen die menschlichen Ausscheidungen direkt ins Wasser fielen. Abends gab es M.s legendäre Pizza und einen Italo-Western. Alles in Allem ein gemütliches Wochenende.

Gestern Abend war ich in Kiel und hörte mir einen Vortrag von Christian Kreiss an. Ich habe im Post Empfehlung schon über ihn geschrieben und freute mich über die Möglichkeit ihn live zu erleben. Spannend und ermutigend finde ich, daß er nicht nur Professor für Volkswirtschaft ist, sondern sich auch mit den geistigen Hintergründen unserer derzeitigen Situation (C-Krise, Krieg in der Ukraine, der Zusammenbruch des Wirtschaftssystems) befasst. Das hätte ich einem Volkswirtschaftler und ehemaligen Investmentbanker eigentlich nicht zugetraut. Er hat mir ziemlich gut gefallen. Ich traf natürlich etliche Menschen, die ich in den letzten zwei Jahren kennengelernt habe und besonders erfreut war ich über die Begegnung mit einer Frau, die ich aus ganz anderen Zusammenhängen kenne. Wir hatten nie eine besonders enge Beziehung, aber gestern freuten wir beide uns so sehr, daß wir uns gleich in den Armen lagen.

Heute bekam ich einen neuen Post von Charles Eisenstein (charleseisenstein.substack.com). Man kann sich auf seiner Webseite anmelden und bekommt dann die neuen Beiträge per Mail zugeschickt. Alles, was er schreibt, gefällt mir. Er ist ein radikaler Visionär und ich bewundere seine ausgleichende Art. Er verzichtet völlig auf das sonst übliche Blaming, in das ich auch gelegentlich abgleite, wenn ich richtig in Rage bin. Aber in seinem heutigen Beitrag Amnesty yes – and here is the price ist er richtig wütend. Es geht um den Vorschlag der amerikanischen Wirtschaftprofessorin Emily Oster, die an der Bevölkerung durch die Coronamaßnahmen begangenen Verbrechen zu verzeihen und denjenigen, die uns über die Wirksamkeit von Lockdowns, Masken und Impfstoffen angelogen haben quasi zu amnestieren. Er widerspricht dem entschieden und sehr pointiert, nicht weil es ihm um Strafe und Rache geht, sondern weil er will, daß das, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren erlebt haben, nicht wieder passiert. Interessant ist übrigens, daß Emily Oster mit dem Argument für eine Amnestie wirbt, man habe es nicht gewusst, daß die ganzen Maßnahmen nicht nur nichts bringen, sondern samt und sonders erheblich geschadet haben. Da wird der gute Charles Eisenstein richtig böse und ich beim Lesen auch. Wir in Deutschland kennen das ja hinlänglich, dieses „Wir haben es nicht gewusst“. Nein, damit kann heute keiner mehr durchkommen. Im meinem Umfeld gibt es auch Menschen, die abwehren, wenn es auf dieses Thema kommt: „Ich will davon nichts wissen, das macht mir schlechte Laune.“ Ja, mir macht das auch schlechte Laune und gelegentlich schlaflose Nächte, wenn ich glasklar sehe, wie eine extrem reiche Elite dabei ist, einen neuen Totalitarismus zu installieren und ein Großteil der Menschen dabei mitspielt. Da muss ich Ulrike Guérot recht geben, wenn sie im Titel ihres Buches sagt: „Wer schweigt, stimmt zu.“

Auch die Oya, die Zeitschrift, für die ich so viele Jahre Werbung gemacht, die ich mit Geld unterstützt habe und deren Genossenschaft ich beigetreten bin, unterschlägt dieses Thema fast vollständig. Es gab dazu in diesem Jahr schon ein paar kritische und nachfragende Leserbriefe, die für mich unbefriedigend beantwortet wurden. Ich habe dann auch noch einen Leserinnenbrief  mit dem Titel „Nicht unter den Teppich kehren“ geschrieben, der nicht veröffentlicht wurde. Ebenso eine Rezension zu Mattias Desmets Buch The Psychology of Totalitarianism. Immerhin habe ich dann auf meine erneute Nachfrage eine ausführliche Antwort bekommen: man mache keinen investigativen sondern konstruktiven Journalismus; außerdem wolle man keine Menschen gefährden, die die Coronamaßnahmen sehr frei für sich interpretiert haben. Für den letzten Grund habe ich vollstes Verständnis, dennoch bleibt ein Gefühl, daß es einen anderen Grund dafür gibt, daß die Oya seit über zwei Jahren zum C-Thema schweigt. Ich vermute, der eigentliche Grund ist Angst: Angst Abonnenten und Anzeigenkunden zu verlieren. Ich habe die Oya jahrelang extrem geschätzt, besonders wegen ihrer sehr ehrlichen Auseinandersetzung mit eigenen Haltungen.  Das hatte ich bis dahin in keiner Zeitschrift so gefunden. Jetzt bin ich sowohl aus dem Hütekreis als auch aus der Genossenschaft ausgetreten. Das Abo behalte ich aber vorerst. Vielleicht ändert sich ja noch was, außerdem gibt es immer mal wieder den einen oder anderen schönen Artikel.

 

 

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