Fest

Guten Morgen, liebe Sonne!

Gestern war ich bei einem Hoffest. Eingeladen hatte eine Frau aus der „Bewegung“, wie sie es nannte. Also dem Zusammenschluss von Menschen, die während der alptraumhaften C-Zeit Austausch und Unterstützung suchten und fanden, um dem Druck von Seiten der Regierung und obrigkeitshöriger Mitmenschen standhalten zu können. Ich werde wahrscheinlich lebenslänglich dankbar sein, daß wir uns gefunden haben und uns auf diese Weise unsere geistige und seelische Gesundheit erhalten konnten.

Es waren recht viele Menschen gekommen. Wie immer gab es zur Begrüßung viele herzliche Umarmungen – das haben wir ja in der Zeit, als Körperkontakt untersagt war, ganz bewusst kultiviert und es bis jetzt weitergeführt, weil es sich einfach gut anfühlt – gute Gespräche und leckeres Essen. Es gab auch Bratwurst vom Grill und wir witzelten darüber, daß wir als Ungespritzte endlich auch mal eine Gratisbratwurst bekämen

Es ist so wichtig zu feiern, auch und gerade in Zeiten, in denen es sehr eng ist. Ich habe wieder ein paar neue Leute kennengelernt. Wir sind  eine bunte Mischung mit verschiedenen Hintergründen. Viele unterschiedliche Berufsgruppen, von der Putzfrau über die Lehrerin zum Polizisten, Handwerker und Ingenieur; eigentlich ist fast alles vertreten. Und wichtiger noch als die Berufe sind die verschiedenen Talente dieser Menschen. Da gibt es einen Meister der Vernetzung, der immer wieder neue Kontakte aufspürt und damit neue Möglichkeiten, eine menschliche neue Kultur zu erschaffen. Einer kennt sich bestens mit rechtlichen Fragen aus. Eine Frau leitet eine Meditationsgruppe und lud mich dazu ein. Und wieder einmal stellten wir fest, daß die letzten vier Jahre nach all dem Druck und dem großen Unrecht, das uns angetan wurde, auch etwas Gutes gehabt haben und möglicherweise notwendig waren, damit wir zusammen kommen und herausfinden, wie wir wirklich leben wollen.

Allmählich wurde es dunkel. Nur ein paar Fackeln und eine Feuerschale gaben Licht. Ich hatte einem Gast zugesagt, ihn zum nächstgelegenen Bahnhof zu bringen. Als wir nach einer herzlichen Abschiedsrunde zu meinem Auto gingen, leuchtete über uns ein grandioser Sternenhimmel. Hier gibt es in weitem Umkreis keine künstliche Beleuchtung. Auch die Sterne sind mit uns, dachte ich.

Satt von gutem Essen und schönen Begegnungen fuhr ich nach Hause.

 

 

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