Dieses Jahr verbrachte ich die Herbst-Tag-und-Nachtgleiche mal anders, allein bei den Externsteinen. Vor einigen Monaten kam mir das Buch Osning – Die Externsteine von Usch Henze in die Hände und inspirierte mich, mal wieder an diesen magischen Ort zu fahren. Ich war schon einige Male dort, auf einem Schulausflug, mit meinen Eltern, mit meinen Kindern und zuletzt im September 2006 mit Alma mater, wo wir abends ein sehr schönes Ritual in der Nähe der Steine feierten. Da erfuhr ich auch zum ersten Mal mehr zur Geschichte dieses Ortes als das übliche „Dort haben die Nazis gewirkt“. Ja, haben sie, aber der Ort war schon Tausende von Jahren vor ihnen eine Art Wallfahrtsort für viele Stämme aus Europa.
Ich war dort, um die Energien dieses besonderen Ortes bewusst zu spüren. Das kann ich am besten allein. Es war Wochenende und sehr schönes Spätsommerwetter, dementsprechend auch sehr viele Touristen. Das war zu erwarten. Ich hielt mich vor allem auf der Rückseite der Steine auf, dort war weniger los. Wenn man die kleinen Pfade benutzt, kommt man zu Felsen, die vom Wald verhüllt sind. Einer ist der Felsen der Großen Mutter, an dem ich schon 2006 ein magisches Erlebnis hatte. Dieses Mal hingen im Holunder davor bunte Bändchen und der Stein war mit Blumen und Ketten geschmückt, auch ein paar Äpfel lagen davor. Das berührte mich ziemlich. Es wissen also einige Menschen um die alten Energien dieses Platzes. Irgendwann fand ich auch den Sitz der Veleda, Seherin aus dem Stamm der Brukterer, die später von den Römern gefangen genommen wurde.
Natürlich musste ich auch die vielen steilen Stufen auf die hohen Felsen hochgehen, im Gänsemarsch mit vielen anderen Leuten. Währenddessen hob unten auf der Wiese ein mantraartiger Gesang an, begleitet von Trommeln und Klatschen. Zwei größere Gruppen feierten dort ein Ritual. Der Gesang und das Trommeln begleiteten mich auch während meines Abstiegs und später, als ich einen schönen Platz auf einer Bank fand. Ich freute mich darüber. Die alte Verbindung zu Mutter Erde ist nicht zerstörbar, auch wenn die Karl der sogenannte Große viel dafür getan hat, die heidnischen Kulte zu vernichten. Es ist ermutigend, daran immer wieder erinnert zu werden. Das alte Wissen lebt weiter, wir haben es in unserer DNA.
Am nächsten Morgen um 6 Uhr holte mich B. von meinem Hotel ab. B. war vor mehr als 40 Jahren als junges Mädchen Babysitterin meiner Tochter. Wir hatten uns dreißig Jahre nicht gesehen und sie hatte mich vor ein paar Monaten angerufen, nachdem sie durch die Benachrichtigung vom Tod meiner Mutter, die sie in den Unterlagen ihrer Mutter gefunden hatte, meine Kontaktdaten erfahren hatte. Wir fuhren ins Silberbachtal und stiegen von dort auf den Velmerstot, einen Doppelgipfel in der Nähe der Externsteine. Auf halber Höhe befindet sich ein Labyrinth in einem alten Steinbruch. Ich war hier 2006 mit Alma mater. Alles ist mittlerweile zugewachsen und mit Bäumen bestanden, aber einige Teile des Labyrinths waren von oben zu erkennen. Kurz vor dem Gipfel stand eine mehrstämmige Buche, ein besonderer Platz. Dort machten wir Halt. B. stieg mit ihrer kleinen Trommel in den Baum und trommelte, ich saß weiter unten und sah über die Berge und Täler, in denen Nebelbänke schwebten. Der Osthimmel war leuchtend rot und dann stieg die Sonne glühend über den Horizont. Oben auf dem zweiten Gipfel fanden wir eine gemütliche Bank und frühstückten. B. hatte eine Menge leckere Sachen mitgebracht und wir hatten es richtig gut, während wir erzählten und den Vögeln zuhörten und in die Landschaft sahen. Dann kamen andere Frühaufsteher, denen wir unseren Platz überließen.
Auch im Teutoburger Wald sterben die Bäume. Als ich 2006 da war, konnten wir noch durch schattigen Fichtenwald gehen. Von dem sind nur noch vereinzelt kahle Stämme übrig. Aber auch hier wächst neuer Wald, als erstes kommen wie in der Sächsischen Schweiz die Birken.