Von einem Imkerfreund erhielt ich neulich das Buch Nachhaltig Imkern mit gesunden Honigbienen von Sigrun Mittl. Die Autorin ist Diplom-Biologin und Imkerin, weiß also, wovon sie schreibt. Es geht um die Geschichte von Mensch und Honigbiene seit der Frühzeit bis jetzt. Vieles war mir neu. So habe ich lange gedacht, daß es vor allem an den Ackergiften und Monokulturen liegt, daß es den Bienen heute so schlecht geht. Die Erkenntnis, daß auch Imker Verantwortung für den desolaten Zustand der Honigbienen tragen, war mir auch nicht ganz neu und ich habe an anderer Stelle bereits darüber berichtet, etwa im letzen Jahr nach einem Vortrag von Torben Schiffer bei einem Treffen meines Imkervereins. Aber nun weiß ich, daß die Geschichte viel früher angefangen hat. So tragen die Imker einen sehr großen Teil der Verantwortung durch ihr Streben, wilde Bienen zu Nutztieren zu machen. Auch die Forstwirtschaft hat zu einem erheblichen Teil dazu beigetragen, indem sie die Wälder ausräumte und es immer noch tut und nach und nach immer mehr geeignete Habitate für wildlebende Bienen verschwunden sind: Baumhöhlen, die durch Spechte und Pilze entstanden sind. Wenn sich heute noch wildlebende Bienen im Wald finden lassen, handelt es sich um ausgebüxte Schwärme. Die ursprünglich in unseren Breiten heimische Dunkle Biene ist quasi ausgerottet.
Dazu kamen dann diverse Krankheiten, die erst bedrohlich wurden, als Bienen auf engem Raum, in Reihenaufstellung gehalten wurden. Sigrun Mittl berichtet, wie alle Maßnahmen, diese Krankheiten zu beherrschen, gescheitert sind, auch die Verwendung von organischen Säuren, wie sie von Ökoimkern praktiziert wird. Sie sind nicht nur gescheitert, sondern haben zu Resistenzen bei den Erregern geführt. Die Autorin beklagt, daß Imker in all den Jahrzehnten nichts dazu gelernt haben, sondern immer noch mehr desselben gemacht haben: noch häufigere Anwendungen von organischen Säuren, noch mehr Züchtungen usw., komplette Honigentnahme, Zufüttern mit Zuckerlösung etc.
Beim Lesen hatte ich ein Déjà vu: all das ist auch auf uns Menschen und unseren Umgang mit Krankheiten übertragbar. Gerade die letzten drei Jahre haben es sehr deutlich gezeigt. Die Geschichte ist immer dieselbe: es gibt einen Erreger, der verantwortlich für Krankheit gemacht wird. Dieser Erreger muss bekämpft werden. Das geht nur über Medikamente oder andere giftige Substanzen, über deren Folgewirkungen man sich nicht im Klaren ist. Und wenn die Folgen sich zeigen, werden sie in Kauf genommen und noch mehr desselben gegeben. Heilung kann auf diese Weise niemals geschehen. So wie ein Mensch, der langfristig Medikamente nimmt, nicht als gesund bezeichnet werden kann, so kann auch eine Biene, die mehrmals im Jahr mit Ameisen-, Oxal- und Milchsäure behandelt wird, nicht als gesund bezeichnet werden.
Dabei gibt es durchaus eine Lösung: In etlichen Ländern hat man gesunde Bienenvölker gefunden, die völlig sich selbst überlassen und keinerlei menschlichen Eingriffen ausgesetzt sind. Auf der Insel Gotland leben Bienenvölker, die ausgesetzt und langfristig beobachtet wurden, aber keine Behandlungen erfahren haben. In Südfrankreich und Wales leben gesunde Bienenvölker, die von Imkern gehalten aber nicht behandelt werden. Allen ist gemeinsam, daß sie ihrer Natur nach leben dürfen und eine Zeit der Selbstregulation hinter sich haben.
Mein Imkerverein hat sich auf die Fahnen geschrieben, „wesensgemäß“ zu imkern. Das ist ein hoher Anspruch, der mich vor Jahren dazu gebracht hat, Mitglied zu werden und dort Imkern zu lernen. So sehr ich viele der Imkerinnen und Imker, die ich dort kennengelernt habe, und den Austausch mit ihnen schätze, sie werden diesem Anspruch nicht gerecht. Und ich natürlich auch nicht, weil ich lange alles gemacht habe, was ich dort gelernt habe. Allerdings haben sich meine Eingriffe im Laufe der Jahre immer mehr reduziert, weil ich immer deutlicher gefühlt habe, daß ich meine Bienen mit all den Behandlungen quäle.
Was geschieht nun, wenn man mit den Behandlungen aufhört? Viele Völker sterben. Einige gehen erstarkt aus der Krise hervor und entwickeln Resilienz gegen die Erreger. Und diese bringen dann starke Nachkommen hervor. Das ist der Weg des Lebens: Werden und Vergehen, der ewige Kreislauf. Dieser Weg ist aber für viele Imker nicht gangbar, weil sie z. B. vom Honigverkauf leben. Dazu kommt, daß in der BRD eine Behandlung gegen die Varroa gesetzlich vorgeschrieben ist.
Man kann diese Geschichte auf uns Menschen übertragen. Dabei gilt auch für uns: Gesundheit kommt aus dem Vertrauen in die Selbstregulation unseres überaus intelligenten Körperuniversums. Und noch etwas: krank werden wir nicht durch Erreger, sondern es ist das Milieu, das Mikroben für uns potentiell gefährlich macht. Louis Pasteur soll auf seinem Sterbebett gesagt haben: „Der Erreger ist nichts, das Milieu ist alles.“ Gelernt hat man aus dieser Erkenntnis nichts. Man handelt weiter nach der Devise: der Feind (Erreger) muss getötet werden. Dem liegt die „mentality of war“ zugrunde, die Kriegsmentalität, wie Charles Eisenstein sie nennt.
Wie im Kleinen so im Großen: auch bei uns Menschen herrscht Kriegsmentalität. Immer gibt es irgendwelche Feinde, die bekämpft und möglichst vernichtet werden müssen. Zur Zeit sind das Putin und die Russen. Und in Deutschland die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht. So laufen sich die Regierenden nach ihrer krachenden Wahlniederlage in Sachsen und Thüringen heiß mit immer absurderen Versuchen, diese beiden Parteien zu Todfeinden hochzustilisieren. Ich habe an anderer Stelle schon gesagt, daß ich zwar keine Freundin der AfD bin, aber sie auch nicht für die üblen Nazis halte, als die sie immer stigmatisiert werden. Ich will’s an dieser Stelle mal deutlich sagen: ich mag an ihnen nicht, daß sie eine neoliberale Partei sind, daß sie für die NATO-Osterweiterung sind, daß sie sich nicht klar gegen den Genozid an den Palästinensern aussprechen und daß sie für höhere Militärausgaben sind. Aber sie sind die einzigen, die sich bisher klar um eine Aufarbeitung der Coronazeit bemüht haben und das weiterhin tun. Und natürlich muss mit ihnen geredet werden, ebenso übrigens mit Putin. „Weigert euch Feinde zu sein“, wird Eugen Drewermann in der Zeitschrift Brennstoff zitiert. Dem kann ich bedingungslos zustimmen.
Was das BSW betrifft, das aus dem Stand ein zweistelliges Wahlergebnis erreichte, wird von einem Vertreter der Olivgrünen auf so dämliche Weise gehetzt (ich kann es wirklich nicht anders nennen), daß ich fast den Eindruck habe, man wolle auf diese Weise eine verquere Werbung für es machen: Das BSW werde von Putin finanziert und es habe eine Trollarmee im Internet installiert. Eigentlich kann man über so eine Aussage nur noch schallend lachen.
Selbstreflektion wäre eine Alternative zu dieser Niveaulosigkeit: Was haben wir falsch gemacht? Warum wenden sich immer mehr Menschen von uns ab? Da gibt es viele Gründe, aber einer liegt für mich besonders auf der Hand: viele Menschen in Deutschland haben Angst vor dem Krieg, für den seit einiger Zeit so heftig getrommelt wird.
Die ehemaligen DDR-Bürger sind seit der Wiedervereinigung immer wieder heftig gedemütigt worden: sie lebten im Tal der Ahnungslosen, sie müssten erst mal Demokratie beigebracht bekommen (Aussage einer Grünen-Politikerin), Dunkeldeutschland u. ä. Unverschämtheiten. Ich habe in den letzten Jahren einige Menschen aus dem Osten kennengelernt und bin zu einem ganz anderen Schluss gekommen: viele ehemalige DDR-Bürger haben ein viel feineres Gespür für totalitäre Tendenzen als wir Wessis. Wir wollen doch auch wie die Bienen wesensgemäß leben, als freie und selbstbestimmte Lebewesen.
Denjenigen, die mehr erfahren möchten als den üblichen Leitmedieneinheitsbrei, der letztlich immer nur Regierungspropaganda ist, empfehle ich die Lektüre der Nachdenkseiten. Dort werden aus allen möglichen Medien, auch internationalen, Informationen zusammen getragen.