Tiergeschichten

Jetzt bin ich seit einer Woche wieder zu Hause und denke noch oft ans Elsass zurück. Ich würde gern wieder dahin fahren und dort in Ruhe die alten Stätten und die Pflanzen erkunden.

In der Nähe unseres Dorfes trafen wir bei einem Gehöft auf eine sehr kleine rot-weiß getigerte Katze, vielleicht vier Wochen alt, die uns begrüßte, um meine Beine strich und dann auf Schritt und Tritt folgte. Dann zeigten sich auch ihre Geschwister, die auf einem Holzstapel zwischen Obstbäumen saßen und nicht so zutraulich wie ihr kleiner Bruder oder ihre kleine Schwester waren. Ihre Mutter beobachete uns von Weitem. Nachdem wir ausführlich mit dem kleinen Wesen geschmust hatten, setzten wir unseren Weg fort und das Tier folgte uns. Ich fing an mir Sorgen zu machen. Würde es uns immer weiter begleiten? Und wie würde es zurück zu seiner Familie kommen? Ich weiß ja, daß Katzen einen enormen Orientierungssinn haben, aber diese war so klein und schien uns immer weiter folgen zu wollen. Dann hörten wir lautes Rufen: eins der Katzengeschwister kam hinter uns her und rief. Das Kleine drehte um und ging zu seiner Familie zurück. Es war so schön und rührend, daß dieses Tier keine Scheu vor uns Menschen hatte.

Der Maennelstein, von dem wir bis zum Schwarzwald sehen konnten

Auf der Suche nach dem Jardin des Fées haben wir uns verirrt. Vielleicht lag es an ungenügender Ausschilderung, vielleicht hatten wir beide etwas übersehen, vielleicht wollten die Feen uns nicht empfangen, jedenfalls entschieden wir am späten Nachmittag den Rückweg anzutreten. Wir hatten uns mittlerweile weit von unserem Ausgangspunkt im Ort Lutzelhouse entfernt und kamen unbeabsichtigt am Rande von Urmatt wieder in bewohntes Gebiet. Von dort ging es dann nochmal mit müden Füßen auf Asphaltstraßen einige Kilometer Richtung Auto. An einer Straßenkreuzung entdeckte K. einen Spatz auf der Straße. Er lag auf dem Bauch, einen Flügel seltsam abgespreizt, und atmete sichtbar. Einen Schritt weiter lag der nächste Spatz auf dem Rücken, die kleine Füße angewinkelt. Auch er atmete und sah uns blinzelnd aus glänzenden Augen an. Was war geschehen? Vermutlich waren beide gegen ein vorbeifahrendes Auto geflogen. Sollten oder konnten wir etwas tun? Ich war so erschöpft und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und sagte zu K.: „Wir können sie hier nur in Ruhe sterben lassen.“ Wir gingen weiter, jede mit schweren Gedanken. Meine Tochter fragte: „Wäre es nicht besser gewesen, die beiden an die Seite zu legen, damit kein Auto über sie fährt?“ Ja, vielleicht. Vielleicht auch nicht. K. schlug vor, die Vögel in Sicherheit zu bringen, wenn wir mit dem Auto an dieser Stelle vorbeikämen. Das war nach etwa 20 Minuten. Beide Vögel waren verschwunden. Keine toten Vögel, keine Spur auf dem Asphalt. Langsam kam zögernde Erleichterung: sehr wahrscheinlich hatten die Tiere sich wieder berappelt und waren weggeflogen. Ich habe das vor einigen Jahren mal mit einem Buntspecht erlebt, der mit lautem Knall gegen eins meiner Küchenfenster geflogen war und draußen im Kies lag, lebendig, aber sichtlich benommen. Glücklicherweise hielt sich die Katze drinnen auf. Ab und zu sah ich nach dem Vogel, der schwer atmete und offensichtlich damit beschäftigt war, sich wieder zu sortieren. Irgendwann war er dann weg.

Andlau

 

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