Widerstand

Vor einigen Tagen ist Mikis Theodorakis im Alter von 96 Jahren gestorben. Ich habe seine Musik als Jugendliche kennengelernt, weil ich in linken Kreisen verkehrte und seine Lieder dort geschätzt wurden. Er war ja selber ein Linker, hat gegen die Nationalsozialisten und die griechische Militärdiktatur Widerstand geleistet, wurde inhaftiert, auf eine griechische Insel verbannt und mehrmals gefoltert. Und trotzdem hat er nie klein beigegeben. Seine Geschichte zeigt mir 1. daß die Herrschenden Angst vor freien Geistern haben, die selber denken können und 2. daß einem Menschen, der seinen Herzen, seinem tiefsten inneren Antrieb folgt, die Kraft zufließt, schlimme Krisen durchzustehen. Bekannt geworden ist er wohl vor allem durch die Filmmusik für Alexis Sorbas. Mein Favorit ist jedoch das von Maria Farantouri mit ihrer intensiven Altstimme gesungene Mauthausen, das von einem Mädchen erzählt, das im KZ endet.

Zur Zeit lese ich ein Buch, in dem ich mich sehr oft selbst erkenne: Wenn wir wieder wahrnehmen von Heike Pourian. Es befasst sich mit dem großen Wandel, in dem wir uns gerade befinden, und wie wir als Körperwesen damit umgehen. Ganz tolles Buch, das ich nur weiterempfehlen kann. Es ist nicht über den Buchhandel zu beziehen, sondern kann bei www.wahrnehmen.org bestellt werden.

Gestern gab es einen Wahlstand der Partei DieBasis in Selent. Ich erfuhr das durch den Anruf einer Frau aus einem Nachbardorf und schwang mich aufs Fahrrad. Ein Schlagzeuger machte Musik, es hatten sich einige Menschen eingefunden. Ich hatte ein kurzes Gespräch mit Professor Bhakdi, dessen Frau, Professorin Karina Reis im Kreis Plön für dieBasis kandidiert. Er schenkte mir eins der Bücher, das die beiden zusammen geschrieben haben: Schreckgespenst Infektionen. Ich traf einige Bekannte, lernte ein paar neue Leute kennen und hatte einige angeregte Gespräche. Den allergrößten Eindruck haben mir die vielen Umarmungen gemacht. Irgendwie schienen die meisten ein riesiges Bedürfnis nach Körperkontakt zu haben und lebten das hemmungslos aus. So wurde ich auch von wildfremden Menschen herzhaft umarmt und genoss es sehr. Darum geht es übrigens auch in dem Buch von Heike Pourian: um den großen Mangel an körperlicher Begegnung in unserer Kultur. Ich habe es selbst so oft erlebt, daß ich mich auf Sex eingelassen habe und dabei meine Sehnsucht nach Kuscheln, sich Aneinanderschmiegen und Gehaltenwerden übergangen habe. In Zeiten von social distancing sind Umarmungen, noch dazu in der Öffentlichkeit, ein subversiver Akt. Ich bin gern subversiv.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert