Surreal

Irgendwie fühlt sich das Leben gerade surreal an, das soziale Leben ist weitgehend zum Stillstand gekommen. Mein wöchentlicher Markttag ist in Zeiten von Corona nicht so der Genuss: ich habe mich noch nicht an die auseinandergezogenen Warteschlangen vor den Ständen gewöhnt, die Plexiglasscheiben in Gesichtshöhe an den Supermarktkassen. Letzten Donnerstag stand ich in der Schlange vor dem Zeitungsladen. Es darf ja jetzt nur jeweils eine Person in den Laden kommen. Ein Mann in meinem Alter sprintete an der brav wartenden Schlange vorbei und und in den Laden rein. Dabei rief er: „Ich habe das Geld passend.“ Da waren dann doch zwei Personen im Laden. Er kam mit Zeitung wieder raus. Die Frau hinter mir sagte säuerlich: „Er hätte doch davon ausgehen müssen, daß wir das Geld auch passend haben.“ „Einige Leute haben sich noch nicht an die neuen Gegebenheiten gewöhnt“, antwortete ich, aber das war nicht das, was sie hören wollte. Sie giftete weiter. Ich wollte mich nicht mit ihr gemeinsam aufregen. Natürlich war das frech von ihm, aber diesen großen Gehorsam finde ich auch besorgniserregend. Nach dem Markt kaufte ich mir einen Kaffee im Pappbecher (Nachhaltigkeit und Ressourcenschonen ist in Zeiten von Corona außer Kraft gesetzt), ein Croissant und eine Süddeutsche und frühstückte im Auto.

Ich bin ansonsten meistens zu Hause. Hier mache ich das, was ich jeden Tag mache, also die Alltagsroutinen. Ansonsten bin ich für meine Verhältnisse richtig faul, dümpele herum, schaue aus dem Fenstern, hänge meinen Gedanken nach, lese, stricke, streichele die Katze. Gestern habe ich Torta della nonna gebacken, mein dritter Versuch. Und dieses Mal gelang es mir endlich, den Teigdeckel heil auf die Vanillecremefüllung zu befördern. So hilft die Kontaktsperre mir, meine Konditorinnenkünste zu perfektionieren

Gestern sah ich auf pioneersofchange-summit.org ein ausführliches Interview mit David Holmgren, einem der beiden Begründer der Permakultur. Er ist ein sympathischer Mann, der viel lacht und dessen australisches Englisch ich sehr gut verstehen konnte. Er sagte zu den Problemen in der Welt, es gehe weniger darum, was wir angesichts z. B. des Klimawandels machen können, sondern was wir nicht machen. Sehr gut gefallen hat mir auch das Interview mit Susanne Fischer-Rizzi, deren Heilpflanzenbücher ich ziemlich gut finde. Sie hat so mitreißend gesprochen, mit einer solchen Liebe zur Erde. Sie möchte gern alle Menschen mit dieser Liebe anstecken und ich fühle eine große Verwandtschaft mit ihr.

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