Die Asche meiner Mutter liegt jetzt in der Erde. Ihr großer Wunsch, eine schöne Feier, ist ihr erfüllt worden. Und obwohl Regen angesagt war und wir mit Schirmen ausgestattet zum Friedhof gefahren sind, schien dann doch die Sonne. Ich bin mir sicher, daß meine Mutter da die Hände im Spiel hatte. Irgendwie war das Ganze schön, auch wenn das jetzt vielleicht merkwürdig erscheint. Die Stimmung war gut, die Gäste waren so freundlich und zugewandt. Nichts war schwierig oder anstrengend. Und passend war auch, daß meine Mutter ihr Sterben in eine Zeit ohne Coronarestriktionen gelegt hat. So konnte alles ohne Maske, Test und sonstige Schikanen stattfinden. Allerdings trugen ein paar Ängstliche in der Friedhofskapelle noch Masken. Daß Masken eher schaden als nützen hat sich wohl noch nicht rumgesprochen.
Die größte Überraschung war, daß zwei Brüder, Spielkameraden aus meinen Kindertagen in Hannover, den weiten Weg aus Süddeutschland auf sich genommen hatten, um bei der Beerdigung dabei zu sein. Den Jüngsten habe ich zum letzten Mal beim 80. Geburtstag meines Vaters 2004 gesehen, den Ältesten vor vierzig Jahren bei der Beerdigung seines Vaters. Ich hatte nicht mit Ihnen gerechnet und plötzlich standen sie da. Wir hatten uns viel zu erzählen und es war einfach schön.
Die Wohnung meiner Mutter liegt am Stadtrand. Drumherum gibt es viel Grün und schöne Parkanlagen, über denen ab und zu Störche kreisen. Es haben sich auch ein paar Höfe gehalten, von denen einer als Bioladen und Café genutzt wird. Schon im letzten Jahr ist mir aufgefallen, daß die Wiesen nicht gemäht waren. Nur am Rande hat man einen Streifen kahlgeschoren. Ansonsten erinnerte mich alles an die Wiesen meiner Kindheit, als man noch bunte Blumen pflücken und sich in ihnen verstecken konnte (Wo findet man die heute noch? Hier auf dem Lande jedenfalls nicht). Ich musste an die Worte einer Frau aus der Zeit der schamanischen Unterweisung durch Ute Schiran denken, die in ihren Trancen oft ins „Land der ungemähten Wiesen“ kam. So sehr ich mich über die ungemähten Wiesen freuen konnte, so schlimm waren die alltäglichen Geräusche in dieser Gegend: kein Morgen ohne sehr laute Geräte, etwa Rasenmäher, Laubbläser, Heckenscheren. Überall waren Männer mit oder ohne Ohrenschützer damit beschäftigt, ohrenbetäubenden Lärm zu machen. Dazu kamen die Flugzeuge und Hubschrauber. Letztere scheinen sich in den letzten zwei Jahren enorm vermehrt zu haben. Irgendwie wird es immer lauter. Wozu braucht man eigentlich Laubbläser? Sie machen nicht nur abscheulichen Krach, sie zerstören auch die Mikrofauna des Erdbodens. Vor noch nicht allzu langer Zeit haben Menschen stattdessen Harken benutzt. Wenn ich durch die Welt gehe, fallen mir immer mehr Sachen ein, die ich absurd finde und die ich gern verschwinden lassen möchte. Dazu zählen außer Laubbläsern und Elon Musks Satellitenkette Starlink die zahlreichen Funkmasten an den Straßen, die wegen der Navis und natürlich zur besseren Überwachung aufgestellt werden, und die Solar- und Windkraftanlagen. Mehr denn je stimmt das schöne Wort „Zuvielisation“. Ja, es ist alles zuviel: zuviel Technik, zuviel Strahlung, zuviel Lärm, zuviel Angst, zu wenig Freude. Oft denke ich: alles muss sich ändern.
Ich bin übrigens dieses Mal mit dem Auto gefahren und habe K. und M. mitgenommen. Die Deutsche Bahn funktioniert mittlerweile fast gar nicht mehr.