Krankheitsdämonen

Es war, wie man mir gesagt hatte: nach einer knappen Woche war die Krankheit vorbei. Nun fühle ich mich wieder fit und als ich heute Morgen meine Yogaübungen wieder aufnahm, war auch die alte Kondition wieder da. Auch der Geruchssinn ist zurückgekommen. Vor einigen Tagen habe ich ein kleines Ritual gemacht und mich trommelnd und räuchernd von den Krankheitsdämonen verabschiedet: „Danke, daß ihr da wart und mir geholfen habt zu erkennen, was in meinem Leben sich verändern möchte. Jetzt brauche ich euch nicht mehr.“ Ich habe ja die Erfahrung gemacht, daß jede Krankheit zu etwas gut ist. Dieses Mal hat sich deutlich die Frage gestellt: Wen und was möchte ich aus meinem Leben entlassen? Welche Kontakte tun mir gut, von wem möchte ich mich verabschieden? Was macht mir wirklich Freude und was trage ich aus einem Gefühl von Verpflichtung mit mir herum? Welche Informationen nehme ich zu mir? Mehr denn je habe ich den Wunsch, mit leichtem Gepäck zu reisen.

Dazu passt auch meine derzeitige Lektüre, Cambra Skadés zauberhaftes Buch „Die Silberfüchsin“. Es geht ums Altern. Die Autorin beschreibt so vieles, was ich selbst kenne: die Ungeniertheit, die sich mit zunehmendem Alter einstellt. Es spielt immer weniger eine Rolle, ob ich anderen gefalle. Das Bedürfnis nach einem männlichen Gefährten hat mich bereits vor einigen Jahren verlassen. Ich genieße es, meine Räume und meine Zeit mit niemandem teilen zu müssen. Immer wichtiger ist dagegen im Laufe der Zeit meine Zugehörigkeit zur Erde geworden, immer häufiger empfinde ich mich deutlich als Teil der Landschaft, in der ich lebe. Immer mehr fühle ich mich eingebunden in das Netz allen Lebendigen: alles spricht miteinander, alles ist miteinander verwoben, alles bringt seine ganz eigenen Fähigkeit ins Große Ganze ein. Es ist ein großes Glück das zu erleben.

Ich bin übrigens keine Seniorin. Das ist eine Bezeichnung, die ich mir ausdrücklich verbitte. Ich bin eine alte Frau. Das sage ich unverblümt und so möchte ich auch gesehen werden. Eine alte Frau mit viel Lebenserfahrung. Wer will, dem teile ich sie gern mit. Aber auch das muss nicht sein. Ich kann aus dem Vollen schöpfen. Ich habe viele Fehler gemacht und viel gelernt. Alles gehört dazu. Die grauen Haare, die Altersflecken, die dünner werdende Haut, die Falten. Ich befinde mich im Herbst meines Lebens und bald kommt der Winter. Und irgendwann gehe ich über die große Schwelle. Ich denke manchmal an die Bücher von Carlos Castaneda, die ich in den 70er und 80er Jahren verschlungen habe. Durch sie erfuhr ich, daß der Tod immer hinter uns steht. Noch schöner finde ich die Vorstellung von der Tödin, die uns irgendwann in ihre Arme nimmt. Und dann können wir entscheiden, ob wir in eine neue Inkarnation oder zurück in die große Einheit, zu Quelle gehen.

 

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