Winter

Für etwa zehn Tage war richtiger Winter da, mit Schnee und -10° C in den frühen Morgenstunden. Das fühlte sich sehr stimmig nach Rückzug an: am warmen Ofen sitzen, lesen, stricken, träumen. Da kamen dann auch Erinnerungen an die Winter meiner Kindheit mit Schlittenfahren und Schlittschuhlaufen auf dem zugefrorenen Maschsee in Hannover (wo ich bis 1972 gelebt habe). Die Wintertage in der Küche meiner Großeltern, in der meine Oma auf der emaillierten Küchenhexe gekocht, gebacken und Wäsche gewaschen hat. Ich habe den größten Teil meines Lebens auf Gasherden gekocht und verstehe daher gut, warum Profiköche Gasherde bevorzugen. Das ist in meiner Wohnung leider nicht möglich; ich habe mich mittlerweile mit meinem E-Herd arrangiert.

Kürzlich war der Schornsteinfeger da, um meinen Ofen zu inspizieren. Weil unsere Regierung, die ja gern ihre Bürger bevormundet, beschlossen hat, daß nur noch bestimmte Öfen zugelassen sind. Nun, ich habe Glück, mein Öfchen darf stehenbleiben. Allerdings hat der Schornsteinfeger mir geraten, die Dichtung auszuwechseln. „Wer macht das?“ fragte ich ihn. „Na, Sie“, antwortete er, „es ist ganz einfach.“ Gut, ich fuhr also zum Baumarkt und kaufte mir eine Dichtung mit dazugehörigem Kleber. Ich löste das alte verschlissene Dichtungsband und stellte dann fest, daß sich die teilweise ziemlich kompakte Schicht des alten Klebstoffs nur schwer ablösen ließ. Ich benutzte dazu einen Kreuzschraubenzieher wie einen Meißel und gab es bald auf, weil es so mühsam war und ich schnell fertig werden wollte. Das neue Band wurde also einfach draufgeklebt, was mit einer riesigen Schweinerei verbunden war, denn der Kleber ließ sich schlecht in die Nut einfügen, weil die Öffnung der Tube zu groß war. Das Resultat war, daß sich die Ofentür nur noch mit sehr viel Kraftaufwand schließen und öffnen ließ. Da erwachte mein Perfektionismus: ich konnte mich nicht mit dem Ergebnis zufrieden geben.

Am nächsten Tag fuhr ich wieder zum Baumarkt, diesmal aber zu dem in Lütjenburg, weil der näher liegt. Verwirrenderweise hatte man dort etliche Größen. Ich nahm die Dichtung mit, die mir passend erschien, um zu Hause festzustellen, daß sie zu schmal war. Also fuhr ich ein zweites Mal nach Lütjenburg. Wieder zu Hause, machte ich mir die Mühe, die alten Kleberreste zu entfernen, was ziemlich viel Zeit kostete. Dann packte ich die neue Dichtung aus und musste feststellen, daß auch die nicht breit genug war. Egal, sie wurde eingeklebt. Ich werde schon nicht an Rauchgasen sterben. Außerdem gehen die doch direkt durch den Schornstein raus. Abends kam dann mein Nachbar T. und stellte mir den Griff neu ein, so daß die Tür sich leichter öffenen ließ.

Für den Schornsteinfeger wäre die Aktion mit Sicherheit in fünf Minuten erledigt gewesen.

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