
Jeden Samstagmittag stehe ich mit anderen Friedensfreundinnen und -freunden auf dem Preetzer Marktplatz. Wir halten unsere Schilder und schweigen 20 Minuten lang. Das hat etwas Meditatives für mich: einfach nur stehen und dem Treiben auf dem Platz zusehen. Nach Ablauf der Zeit fühle ich mich ruhig und friedlich, manchmal erfreut und belustigt über die Reaktionen der Menschen. Es gibt überwiegend positive Reaktionen: hochgestreckte Daumen, Klatschen, gute Wünsche. Ein Passant stellte sich eine Weile dazu und verabschiedete sich dann mit dem Namasté-Gruß und einer Verbeugung. Manchmal versucht einer, uns in ein Gespräch zu verwickeln. Aber wir schweigen. Am letzten Samstag belehrte uns ein Mann, daß es Frieden nur „mit Waffen und Maschinengewehren“ gäbe. Ein mittelalter Mann drehte auf seinem Fahrrad eine Kurve vor uns und rief: „Ah, für Putin!“
Später erfuhr ich, daß er ein stadtbekannter Grüner ist. Es ist schon erstaunlich, was aus den Grünen geworden ist, seit sie das erste Mal an der Macht waren. Sie haben als strikt pazifistische und ökologische Partei angefangen und ich hatte damals eine gewisse Sympathie für sie. Nicht genug um mitzumachen, dazu war und ist mein Vertrauen in das Parteiensystem zu gering. Aber seit Joschka Fischer es geschafft hat, seine Parteigenossen davon zu überzeugen, der Bombardierung des ehemaligen Jugoslawien zuzustimmen, sind sie zu Kriegstreibern und Umweltzerstörern geworden. Wie es zu dieser erstaunlichen Metamorphose gekommen ist, weiß ich nicht. Offensichtlich scheint Macht einige Menschen süchtig zu machen. Wie kann man sich sonst erklären, daß ein sehr bekannter Grüner, der mittlerweile in die USA abgewandert ist,so scharf darauf war Bundeskanzler zu werden, obwohl er öffentlich bekannt hat, daß er mit Deutschland noch nie etwas anfangen konnte.
Wer für Frieden steht ist also für Putin. Während der C-Zeit wurden die Maßnahmenkritiker als Nazis und Antisemiten beschimpft. Das gleiche dummdreiste Strickmuster.
