Was wir verlieren

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Mein neues Gewächshaus: ein Traum, weil aus Glas und nicht aus Scheißplastik, geschenkt von der lieben I., die es nicht mehr braucht und bei ihr abgebaut und bei mir wieder aufgebaut von meinem Lieblings-Exkollegen H. und seinem handwerklich überaus begabten Kumpel T. Einige Scheiben fehlten; die hat ein Glaser in Preetz neu zugeschnitten, und ich habe sie eingesetzt.

Heute war es schön sonnig und kühl und ich habe das letzte Stück Garten mit der Sense gemäht. Ich habe noch nie Nordic Walking praktiziert aber gehört, daß es ganz wunderbar die Lunge weitet, wenn es richtig gemacht wird. Nachdem ich jetzt einige Jahre mit der Sense arbeite und mir das von Jahr zu Jahr leichter von der Hand geht und ich allmählich im wahrsten Sinne des Wortes den Bogen raushabe, kenne ich dieses gut durchlüftete Gefühl im Brustkorb nach einer Stunde Sensen. Es ist nicht nur toll zu sehen, was ich geschafft habe, ich fühle mich danach auch jedes Mal so energiegeladen und angenehm durchtrainiert, daß es eine Freude  ist.

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Aus dem Radio erfuhr ich heute, daß das Internet 50 Jahre alt ist. Das Internet finde ich vom Prinzip her eine feine Sache. Es kommt halt drauf an, wie eine es nutzt. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich im Internet verlieren. Wenn ich zu Hause bin, rufe ich fast täglich meine Mails ab. Wenn ich auf Reisen bin, lese ich keine Mails und nichts fehlt mir. Ich finde es gut, ab und zu unerreichbar zu sein. Ich gehe ja auch nicht immer ans Telefon. Wer was von mir will, kann meine Anrufannehmerin benutzen. Eine Krankheit finde ich die WhatsApp-Kommunizierei, so wie ich sie in meinem Umkreis oft mitkriege. Ich möchte wirklich nicht den ganzen Tag über jeden Furz informiert werden, den meine Freund*innen von sich geben.

Gänzlich überflüssig finde ich die Navis, die immer mehr Leute in ihren Autos haben. Ich kenne Menschen, die nicht in der Lage sind, Karten zu lesen. Was ich an Navis nicht mag: erstens trägt ihre Produktion dazu bei, daß die Erde noch mehr durch den Abbau von Seltenen Erden zerstört wird; zweitens führt ihr Gebrauch dazu, daß der menschliche Orientierungssinn verkümmert. Und das Traurige ist, daß wir nicht merken, was uns fehlt. Ja, es kann passieren, daß ich mich verfahre, wenn ich mit dem Auto in unbekanntem Terrain unterwegs bin oder mich so mit eventuellen Beifahrer*innen verquatsche, daß meine Aufmerksamkeit darunter leidet. Ob ein Navi das verhindern würde, bezweifle ich; ich würde es wahrscheinlich überhören, wenn ich in einem interessanten Gespräch bin. Manchmal halte ich rechts an und schaue in meinen Autoatlas oder die Karte. Und es gibt zumindest in Ortschaften auch immer die Gelegenheit anzuhalten und Menschen nach dem Weg zu fragen. Als I. und ich letztes Jahr in Lappland waren, haben wir den ganzen langen Weg ohne Probleme nach Karte zurückgelegt. Vor der Fahrt haben wir gemeinsam die Route geplant.

Vor einigen Wochen ist die Bundesstraße zwischen Selent und Bellin wegen Straßenarbeiten gesperrt. Als das anfing, fuhr ein stetiger Strom von Autos durch das Dorf, an meinem Haus vorbei und unter Missachtung des Durchfahrt-verboten-Schildes durch den Wald. Das war nicht die ausgeschilderte Umleitung (die war den Leuten zu lang), sondern die Empfehlung von Google, wie sich herausstellte. Es war klar, daß der schmale unbefestigte Weg diesen Ansturm an Fahrzeugen nicht aushalten würde. Nach nur einem Tag war er schon ruiniert. Die Schlaglöcher, die ich bisher umfahren konnte, haben sich vervielfacht. Mittlerweile stehen an mehreren Stellen Sackgassenschilder, aber auch die werden noch gelegentlich ignoriert. Dann wenden Autos direkt vorm Haus und kratzen mit ihren Reifen tiefe Löcher in den Weg. Das sind Gelegenheiten, wo ich Autofahrer*innen richtig hasse, obwohl ich doch selbst eine bin.

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Ich bin nicht per se Technikfeindin. Es ist mir aber ein großes Anliegen, daß ich und möglichst viele Menschen wieder Zugang zu unseren durch Nichtbenutzung verkümmerten Sinnen und damit zu unserer inneren und äußeren Natur finden. Wenn wir uns abhängig von Smartphones und ihren diversen Apps, von Navis, elektrischen Küchengeräten, selbstfahrenden Autos (die Vorstellung ist für mich schon ein Alptraum), Siris, Alexas usw. fühlen, sind wir schon den Apologeten des Wirtschaftswachstums auf den Leim gegangen. Vieles geht gut mit der Hand: Sahne schlagen geht mit einem handbetriebenen Rührquirl in exakt der gleichen Zeit wie mit einem elektrischen Küchengerät (habe ich ausprobiert). Eischnee kann man prima mit einer Gabel in einem Suppenteller steif schlagen. Das sind nur zwei Beispiele. Der Nebeneffekt ist, daß wir unsere Arbeitsmuskeln trainieren und damit im Alter weniger osteoporosegefährdet sind. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, daß körperliche Arbeit zufrieden macht und zu einem guten Schlaf führt.

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