Wasser

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Es ist so trocken hier. Seit Wochen hat es nicht mehr geregnet. Wohl kam in Kiel während meines Nachtdienstes mal ein ordentlicher Guss runter, aber in meinem Dorf nicht.

Montag fuhr ich nach dem Frühdienst mit dem Auto meines Lieblingskollegen H. nach Flensburg, denn ich hatte M. versprochen, seine Bilder nach Kiel zu transportieren. Sie sind zu groß für meinen kleinen Skoda und M. hat die Möglichkeit, einige seiner Bilder auszustellen. Ich übernachtete in Flensburg und fuhr am Morgen mit M. und den Bildern nach Kiel. Dann hatte ich noch Zeit bis zum Spätdienst und suchte mir auf der anderen Seite des Nord-Ostsee-Kanals ein schönes Plätzchen. Das fand ich am Kanal nahe der Rathmannsdorfer Schleuse. Ein künstlicher Wasserfall ergießt sich dort in den Kanal. Ich hörte dem Rauschen des Wassers zu, dann fing ich an fürs Wasser zu singen. Ich erinnerte mich an die Flüsse meiner Kindheit: die Ahle bei Uslar mit ihren  Wasserpflanzen, die wie lange grüne Haare in der Strömung trieben, die Leine in Hannover, die Weser, über die ich viele Male mit der Fähre gefahren bin.  Wie habe ich es geliebt, Wasser aus dem Wasserhahn zu trinken. In Hannover wurde es dann irgendwann gechlort. Da mochte ich es nicht mehr. Und wie oft habe ich aus Quellen getrunken: in den Alpen, in der Rhön, im Harz, in der Auvergne.

Obwohl es knochentrocken ist, sieht der Garten doch so schön aus: alles blüht und leuchtet, obwohl ich nur die Tomaten und einige neu gepflanzte Blumen und Kräuter gieße.

Meine Tochter hat mir ein Buch mitgegeben, das ich gern empfehlen möchte: Die potente Frau von Svenja Flaßpöhler. Es ist schnell gelesen, weil es keine 50 Seiten hat und hat meine mulmigen Gefühle zur #MeToo-Debatte auf den Punkt gebracht. Sie zeigt auf, wie die besagte Debatte dem patriarchalen Denken in die Hände spielt: die Frau ist das ewige Opfer, die Männer die unbeherrschten Triebtäter.

Sie plädiert dafür, daß Frauen endlich anfangen, ihr eigenes Begehren zu leben und damit offensiv umzugehen. Ja, ja, ich weiß, wir haben gelernt, zumindest die Frauen meiner Generation und davor, daß wir kein Begehren haben und daß Männer uns nicht mehr achten können, wenn wir uns ihnen hingeben. Das sitzt in den Knochen und prägt das Verhältnis zu Männern auf eine sehr unerfreuliche Weise, bis eine sich von dieser kranken Sichtweise frei macht. Ja, ich weiß auch, daß der alte Siegmund Freud der Frau jegliche Lustfähigkeit abgesprochen hat und ihr einen Penisneid unterstellt hat (das kann nur eine Projektion sein, wahrscheinlich hatte er einen uneingestandenen Gebärmutterneid). Und daß Generationen von Psychiatern ihm das nachgebetet haben. Aber die Zeit ist schon lange reif, mit diesen Mythen aufzuräumen.

Männer können nicht wissen, wie ein weiblicher Körper sich fühlt. Und Frauen können nicht wissen, wie sich ein männlicher Körper fühlt. Das liegt einfach in der Natur der Sache und ist nichts Schlimmes. Aber Frauen können klar und deutlich sagen, was sie wollen. Und das sollten wir, finde ich, so oft wie möglich tun. Und ich glaube, daß dann Heilung des verletzten Verhältnisses von Männern und Frauen geschehen kann.

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Gartengeschenk

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