Demonstration

Am Tag der deutschen Einheit fuhr ich mit zwei Frauen aus meinem Umfeld nach Berlin. Eigentlich wollten wir zur Demonstration, die für Frieden und gegen die deutsche Regierung stattfinden sollte, aber irgendwie kamen wir nicht dahin, blieben stattdessen bei einer Kundgebung der Partei dieBasis am Brandenburger Tor hängen. Ich hatte Rückenschmerzen, die durch die Autofahrt noch verstärkt wurden und konnte nicht lange stehen. Also setzte ich mich auf einen Sockel an den Säulen des Brandenburger Tores, wo ich die Redner nur bruchstückweise mitbekam. Vielleicht lag es an den Schmerzen, jedenfalls konnte ich den ganzen Beiträgen nichts abgewinnen. Ich mochte die Polemik nicht. Ja, ich weiß, es ist ein Gefühl von Ausgeliefertsein und daraus resultierender Wut, die zu Polemik führen kann. Und diese Gefühle verstehe und kenne ich gut. Dennoch glaube ich, daß es gut wäre, auf Polemik zu verzichten, weil wir dann die Möglichkeit hätten, eine andere Gesprächskultur zu üben. Eine Gesprächskultur, die nicht darauf basiert, andere Menschen in die Pfanne zu hauen, durch den Dreck zu ziehen oder als Unmenschen einzustufen. Das ist schwer, ich weiß, vor allem, wenn man wütend ist. Aber es scheint mir notwendig zu sein, damit endlich wirklich was Neues entstehen kann: ein respektvoller Umgang unter Menschen.

Ich habe heute übrigens eine sehr schönen Artikel von Gerald Ehegartner über die Rolle der Künstler in den letzten drei Jahren gelesen. Hier ist ein Zitat, das mir gut gefällt:

„Jeder Mensch ist ein Künstler“, postulierte Joseph Beuys. Was unterscheidet einen Künstler von einem Sklaven? Der Künstler folgt niemandem mehr außerhalb, er folgt dem, was ihn von innen inspiriert. Er kennt den Unterschied von Manipulation und Inspiration. Und so arbeiten wir täglich an unseren Kunstwerken. Vielleicht ist das größte jenes, ganz Mensch zu werden in einer liebenden Gesellschaft.

Das Ganze kann hier gelesen werden: apolut.net/die-zweifelhafte-performance-der-kuenstler-in-der-krise/

Es ging in Berlin dann noch ganz nett weiter: Der Bruder von B., der dort lebt, stieß zu uns und wir gingen zusammen Kaffee trinken. Gute Gespräche, viel Lachen. Und dann fuhr uns B. bei heftigem Regen wieder gut nach Hause und wollte nicht am Steuer abgelöst werden. Ich hatte ihr das angeboten, war aber gar nicht unzufrieden mit meiner Beifahrerinnenrolle.

Heute sah ich, daß meine Katze eine Kohlmeise gefangen hatte und anfing sie totzuspielen. Der Vogel kam frei und flog auf eine der Metallleisten im Gewächshaus. Ich ging raus, um ihm rauszuhelfen, während die Katze sich so lang machte, wie sie konnte, um an den Vogel zu kommen. Ich ging ins Gewächshaus und sagte ihr, daß ich sie ins Freie bringen würde, wenn sie mir das erlaubte. Sie ließ zu, daß ich sie in meine Hände nahm und saß dann auf meiner offenen Handfläche und sah mich aus ihren schwarzen glänzenden Augen an. „Flieg“, sagte ich zu ihr, aber sie rührte sich nicht. Vielleicht war es der Schock, vielleicht hatte Lenchen sie verletzt. Sie blieb auf meiner Hand sitzen und ich konnte sie ganz genau ansehen und ihren weichen leichten Körper fühlen. Als ich versuchte, sie auf das Dach des Gewächshauses zu setzen, flog sie endlich auf, setzte sich auf den Schuppen und ließ einen keckernden Laut hören. Während ich in der Küche den Abwasch machte, konnte ich sie beobachten: sie saß lange da oben und schien das Erlebte zu verarbeiten. Irgendwann war sie dann verschwunden. Mach’s gut, kleiner Vogel!

Menschen weigert euch Feinde zu sein!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert