… ist die Abkürzung für „Why am I talking?“ Ich fand diesen Satz in dem Essay We Can Do Better Than This von Charles Eisenstein. Er hat ihn von Gigi Coyle, die den Way of Council praktiziert. Es geht darum, sich beim Sprechen bewusst zu machen, warum eine oder einer sprechen will, vielleicht um Aufmerksamkeit zu bekommen, oder weil man seine eigenen Ansichten für sehr wichtig hält, vielleicht auch, weil man es einfach gewohnt ist zu sprechen oder seine eigenen Geschichten gern noch mal vor Publikum äußern will. Warum mich dieser Satz angesprochen hat? Weil ich selber gerne und viel spreche. Das ist eine Angewohnheit, die aus dem mütterlichen Teil meiner Familie stammt. Und es ist eine sehr schlechte Angewohnheit, die ich gern loswerden möchte. Bisher war ich da aber noch nicht sonderlich erfolgreich.
Wie nervig es ist, wenn andere Menschen sehr viel reden, habe ich gerade vor einigen Tagen wieder erlebt: der Besitzer eines Geschäfts in Kiel nahm eine kleine Bemerkung von mir zum Anlass, mich mit seiner Meinung zu Corona und den Maßnahmen der Regierung zuzutexten. Das wurde ganz schnell sehr unangenehm. Ich hatte nicht das Gefühl, daß es ihm um ein Gespräch ging, er wollte offensichtlich einfach nur eine Menge Worte loswerden und bekam rein gar nichts mit. Weder, daß ich mich immer mehr Richtung Ausgang bewegte, noch daß ein Kunde hereinkam und wartend vor dem Tresen stand. Irgendwann sagte ich in seinen Redeschwall hinein: „Ich muss jetzt gehen“ und ging.
Wie gesagt, ich kenne beide Seiten. Auch ich bekomme wahrscheinlich gar nicht so selten nicht mit, ob andere Lust haben, mir zuzuhören und riskiere, daß mein Gegenüber innerlich wegtritt. Dagegen fällt es mir bei anderen natürlich sofort auf, wenn ihre Redezeit für meinen Geschmack zu lange dauert. Es gibt einen sehr gelungenen Spruch aus den 12-Schritte-Gruppen: „Du kannst über alles reden, nur nicht über zwanzig Minuten.“ Wobei mir persönlich schon 10 Minuten völlig reichen, danach lässt meine Aufmerksamkeit rapide nach.
Eine kluge Frau sagte mir mal, als ich dieses Problem zum Thema machte, ich solle meinen Gesprächspartner ansehen, während ich spreche. Das ist sicher ein guter Hinweis. Ich ertappe mich selbst oft dabei, daß ich beim Sprechen in die Luft sehe, weil ich dann einfach besser reden kann. Aber natürlich ist dann mein Sprechen eine völlig kontaktlose Angelegenheit. Ich bin übrigens richtig dankbar, wenn mein Gegenüber mich darauf hinweist und etwa sagt: „Du, ich kann dir nicht mehr zuhören“ oder „Das ist mir jetzt zuviel Info“. Ich weiß aber von mir selbst, wie schwer das ist. Wir haben da diese Hemmung, den anderen zu unterbrechen und ihm ganz klar zu sagen, daß wir genug haben. Wir wollen höflich sein und machen gute Miene zum nicht so guten Spiel.
Am Internationalen Frauentag hielt ich mich in Münster auf, verbrachte Zeit mit meiner Mutter und erledigte bürokratische Formalitäten für sie in der Stadtverwaltung. Darüber wollte ich gern etwas schreiben, aber ein Windows-Update bewirkte, daß mein Notebook die SD-Karte meiner Kamera nicht mehr erkannte und ich Expertenhilfe brauchte. Sieben Tage war ich ohne Rechner. Am ersten Tag ärgerte ich mich, am zweiten fand ich, daß es mir gut tun könnte, eine Zeitlang offline zu sein. Und so war es dann auch.
Ich merkte dabei auch, daß mir die ganzen Online-Angebote allmählich zum Hals raushängen. Z. B. habe ich mich bei Pioneers of Change angemeldet, weil da einige interessante Leute sprechen sollten, etwa Veronika Bennholt-Thomsen oder Charles Eisenstein. Aber dann kamen schon Wochen vor dem Online-Kongress fast täglich neue Mails mit vielen bunten Smileys vom Veranstalter und ich dachte: Ach, lasst mich doch einfach mal in Ruhe. Na, und dann war ich ohne Notebook, konnte nichts in mein Blog schreiben und mich nicht mit der Infoflut befassen. Da hat mir das Leben also eine handfeste Lektion zum Thema W.A.I.T. gegeben. Das war sogar richtig schön. Stattdessen hatte ich zwei sehr erfreuliche Gesprächskontakte mit meinem Zahnarzt und einer Freundin und nach langen Monaten eine Einzelstunde mit meinem Yogalehrer. Und ich hatte Zeit für schamanische Reisen und viele Kontakte mit der mehr-als-menschlichen Welt.
Ich spiele mit dem Gedanken, mich von Microsoft zu trennen, nicht nur wegen der Probleme, die umfangreiche Updates oft mit sich bringen. Es geht mir extrem auf den Geist, daß ich ständig Sachen auf meinen Rechner geladen bekomme, die ich nicht haben will. Ich denke ernsthaft über Linux nach.