Herde

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Ilan Stephani bezeichnet uns Menschen als Herdentiere. Ich habe mich mit dem Begriff nicht ganz heimisch gefühlt. Wenn etwa für mich passt, dachte ich, ist es eher das Wort Rudel. Also die Familie, der Clan: das sind in allererster Linie meine Kinder, mein Schwiegersohn, meine Freundinnen und Freunde und meine Katze.

Am Sonntag fand das diesjährige Sommerfest mit Geflüchteten und uns Helfer*innen im Garten vor dem Selenter Pfarrhaus statt. Als wir da bei schönstem Sommerwetter auf der Wiese unter den alten Bäumen saßen, die mitgebrachten leckeren Sachen aßen und miteinander schnackten, während die Kinder spielten, da hatte ich plötzlich die wohlige Gewissheit, daß es diese Herde doch gibt, jetzt in diesem Moment. Ich muss nicht mit allen die gleichen Ansichten teilen, muss nicht alle gleich gern haben – das spielte hier gerade keine Rolle. Alles war perfekt, wir alle gehören zur großen Familie der Menschen. Das ist, was zählt.

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Heute kam die neue Brennstoff. Auf dem Titel ein Foto von Wilhelm Reich, Arzt und Naturforscher, Wiederentdecker des alten Wissens, daß die Seele nicht vom Körper getrennt ist und daß es eine Energie gibt, die alles durchfließt. Er nannte sie Orgon. Unterschrieben war sein Porträt mit einem Zitat von ihm: „Folge deinem Herzen, auch wenn es dich vom Pfad ängstlicher Seelen wegführt. Verhärte nicht, auch wenn dich das Leben einmal quält, denn es gilt nichts außer dieses: das Leben zu lieben.“ Er hat wohl nach diese Leitsatz gelebt. Das wurde allerdings in seinem Fall nicht unbedingt belohnt: er ist in einem US-Gefängnis 1957 an gebrochenem Herzen gestorben, nachdem er unbeirrt mit seiner Arbeit weitergemacht hat, die ihm untersagt worden war.

Ich werde Wilhelm Reich für die Entwicklung seiner Vegetotherapie ewig dankbar sein, weil sie mein Leben so nachhaltig verändert hat. Daß ich mich heute als glücklichen Menschen bezeichnen kann, daß ich mich wohl in meiner Körperin (danke für dieses Wort, Ilan, das ich gern in meinen Wortschatz aufnehme) fühle, daß ich mich durchs Leben bewege wie ein Fisch im Wasser habe ich in gewisser Weise ihm zu verdanken – und natürlich J., der Jahrzehnte nach Reichs Tod diese Therapie an mir anwendete. Ich bin davon überzeugt, daß Therapieformen, die ohne Atem, Stimme und all die körperlichen Strukturen mit einzubeziehen, nicht nachhaltig sein können. Das haben moderne Therapeuten wie z. B. der Traumaspezialist Peter Levine begriffen, aber nicht die Schulmedizin. Letztere erkennt nach wie vor nur Gesprächstherapie und Verhaltenstherapie an.

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Aufgeblüht!

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