Im letzten Herbst habe ich Winterstaudenroggen gesät. Der wächst so hoch wie der Roggen in meiner Kindheit, in dem ein erwachsener Mann sich verstecken konnte. Das Stroh lege ich in die Futtereimer für die Bienen, damit sie nicht im Zuckerwasser ertrinken. Als ich den reifen Roggen schnitt, entdeckte ich in einigen der Ähren Mutterkorn. Das sind Schlauchpilze, die extrem giftige Inhaltsstoffe enthalten. Früher wurden vor allem arme Menschen damit vergiftet, indem sie Brot aßen, das Mutterkorn enthielt. Die Müller verkauften das gute Korn an die Reichen, das kontaminierte an die Armen. Mutterkorn enthält Substanzen, die die glatte Muskulatur kontrahieren, also die Muskeln, die sich in Blutgefäßen, in der Gebärmutter und anderen inneren Organen befinden und nicht dem Willen unterliegen. Deshalb hat man standardisierte Mutterkornzubereitungen auch in der Gynäkologie eingesetzt, um Wehen auszulösen oder nach einer Geburt die Rückbildung der Gebärmutter zu unterstützen. Ich habe nach der Geburt meines ersten Kindes Ergotamin (so heißt eine der wirksamen Substanzen) bekommen. Das machte man routinemäßig. Beim zweiten Kind habe ich das verweigert, da ich mittlerweile wusste, daß Stillen den gleichen Effekt erfüllt: beim Stillen kann eine spüren, wie sich die Gebärmutter zusammenzieht. Mutterkorn enthält aber auch Lysergsäure, den Hauptbestandteil von LSD. Ich mache gerne Experimente, bevor ich anderen Menschen Pflanzen empfehle. Aber dieses Mal entschied ich mich dagegen. Das Risiko ist einfach zu groß.
Vor einigen Tagen fand ich meine gewohnte Hirse aus Brandenburg nicht im Regal meines Bioladens. Als ich nachfragte, erfuhr ich, daß sie aus dem Sortiment genommen wurde, weil sie von einem Betrieb stammt, der zur AfD gehört. Da war ich erst mal geschockt. Ich finde es gut, daß der Bioladen so reagiert hat und habe das auch gleich gesagt. Aber traurig ist es doch. Ich habe diese Hirse jahrelang gekauft und mich darüber gefreut, daß sie quasi regional ist. Es ist ja nicht so, daß ich bei jeder Sache, die ich kaufe, den Anspruch habe, daß die Hersteller meine Weltanschauung teilen. Da würde ich wahrscheinlich schnell verhungern! Aber bei Nationalismus und Rassismus ist die Grenze, das geht einfach gar nicht.
Ich weiß nicht, was ich von Greta Thunbergs Segeltörn über den Atlantik halten soll. Zunächst fand ich die hämischen Bemerkungen dazu ziemlich daneben: daß Pierre Casiraghi mitsegelt spricht in meinen Augen nicht gegen die Aktion. Auch wenn er aus einer stinkreichen adligen Familie stammt, müssen seine Absichten ja nicht schlecht sein. Und daß der Mann, dem das Segelboot gehört, ein Millionär sein soll – na ja, möglicherweise legt er seine Millionen für einen guten Zweck an. Aber es gibt mittlerweile Stimmen – Gerüchte? – die sagen, Greta werde von z. B. der Elekroauto-Industrie benutzt. Das halte ich für möglich. Es ist ja in der Vergangenheit oft so gewesen, daß revolutionäre Ideen in den Dienst der kapitalistischen Verwertungslogik genommen wurden. So ist es jetzt mit den Elektroautos, die angeblich klimafreundlich sein sollen. Sind sie aber nicht, ebenso wenig wie Solaranlagen und Windkraftanlagen. Noch dazu sind sie unökologisch und nicht nachhaltig. Übrigens hätte mir in Berlin ein E-Roller fast den Ellenbogen abgefahren, als er mit Affenzahn vorbeibrauste, während ich mein Frühstück in einem Straßencafé zu mir nahm. Überhaupt sind diese Roller innerhalb von wenigen Wochen zu einer regelrechten Seuche geworden: überall fahren Leute damit rum und gefährden Fußgänger*innen und auf den Berliner Bürgersteigen liegen sie haufenweise einfach rum. Wieder so ein Hype, den die Welt nicht braucht.
Jetzt mal was Schönes: am letzten Freitag fand die lange geplante Veranstaltung „Pestizide reduzieren – biologische Vielfalt erhalten“ im Dorfgemeinschaftshaus in Bellin endlich statt. Ich war vorher so aufgeregt, daß ich am liebsten gar nicht hingegangen wäre. Was mir half, waren meine Körperübungen, eine davon habe ich bei Ilan Stephani gelernt. Und als dann die Leute kamen, war alle Aufregung vorbei und ich moderierte im Flow. Hier ist ein kleiner Bericht: http://www.naturfreunde-sh.de/