Pflanzenwelt und Courage

Im feuchten Schatten vor einer Grotte fanden wir eine Pflanze, die ich zunächst als Salomonssiegel identifizierte, obwohl sie nicht ganz meinem inneren Bild entsprach. Ein Schild informierte darüber, daß es sich um den Stengelumfassenden Knotenfuß handelt, der sehr selten vorkommt und sich nach der letzten Eiszeit hier angesiedelt haben soll. Ich fand diese Pflanze nicht in meinen Pflanzenführern, aber in einem der fünf Bände der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Sie ist eine enge Verwandte von Salomonssiegel und Vielblütiger Weißwurz. Letztere finde ich in meiner Umgebung ab und zu im Wald. Es ist spannend, neue Pflanzen zu entdecken. Ansonsten fanden wir in der wilden Felsenwelt Heidelbeeren, die wir direkt vom Strauch naschen konnten und die viel aromatischer waren als die gezüchteten Sorten mit den übergroßen Früchten. Es gab an einigen Stellen auch Preiselbeeren. Im Wald nahe unserem Häuschen gab es außer Kiefern Faulbäume und Ebereschen. Wir sahen auch viele Moose, so etwa weiche graugrüne Polster an den Felsen. Mit Moosen kenne ich mich kaum aus, aber ich lese gerade Robin Wall Kimmerers Buch Das Sammeln von Moos. Schon im letzten Jahr fiel mir das allgegenwärtige Heidekraut auf, das ich in solchen großen Vorkommen nur aus der Lüneburger Heide kannte. In einem kleinen Laden in Bad Schandau mit dem schönen Namen Hollerbusch fand ich passenderweise das Buch Heidekraut – Blume des Friedens von Doris Grappendorf. Die Autorin hat sehr sorgfältig recherchierte Informationen zu Heilwirkungen und anderen Verwendungsmöglichkeiten zusammengestellt.

Unter der Rubrik Hinweise des Tages auf den Nachdenkseiten gab es am 20. und 21. August ein zweiteiliges Interview mit Melanie Schweizer, Juristin und Politologin, über ihre Teilnahme an der „Global Sumud Flotilla“, die mit etlichen Booten die Blockade von Gaza durchbrechen will. Ich achte Menschen, die derartige Aktionen unternehmen, sehr für ihren Mut und ihre Klarheit. Mit dem Thema Mut hat sich zeitgleich auch Cambra Skadé am 21. August auf ihrem Blog mit einem sehr schönen Text befasst. Bei all dem schier unerträglichen Grauen, das sich dieser Tage in unserer Welt ereignet, ist Mut wichtiger denn je. Ich mag den französischen Begriff Courage, in dem das Wort cœur (Herz) enthalten ist. Ja, Mut hat seine Quelle im Herzen. Wenn unser Herz uns klar und deutlich sagt, daß ein großes Unrecht geschieht, dann wächst auch der Mut, klar und deutlich zu sprechen und zu handeln. Es hat in finsteren Zeiten immer mutige Menschen gegeben, wie diejenigen, die während der Nazizeit Juden versteckt und ihnen zur Ausreise verholfen haben. In den letzten fünf Jahren hat es viele mutige Menschen gegeben, die ihren Job und ihr Ansehen riskiert haben, weil sie ihrem Herzen gefolgt sind: diejenigen, die die sogenannte Impfung als gesundheitsschädlich bezeichnet haben, die Impfunfähigkeits- und Maskenatteste ausgestellt haben, die auf die Straße gegangen sind und sich von der Antifa beschimpfen lassen haben, die Proteste organisiert haben. Und mutig waren natürlich alle, die dem wachsenden Druck, sich die Genspritze geben zu lassen, Widerstand geleistet haben.

Ich bin fest davon überzeugt, daß Menschen zu erstaunlichen Dingen in der Lage sind, auch dazu eine friedliche Welt mit Respekt für alles Lebendige zu schaffen. Und es ist gut, sich immer wieder zu erinnern, daß es in der Geschichte der Menschheit eine sehr lange Zeit ohne Krieg und Herrschaft gegeben hat. Was damals möglich war können wir wieder wirklich werden lassen. Es ist an der Zeit.

Die Reinhardtsdorfer Feuerwehr benutzt immer noch dieses putzige DDR-Modell.

Wanderurlaub

Unseren diesjährigen Wanderurlaub verbrachten wir wie im letzten Jahr im Elbsandsteingebirge, wieder in dem schönen kleinen Holzbungalow am Waldrand bei unseren supernetten Vermietern. Im letzten Jahr hatte ich mit Schrecken die erste steile Stiege im Bielatal gemeistert und danach geäußert: „Das will ich nicht noch mal machen“. Aber steile, schier endlose Auf- und Abstiege auf schmalen Stufen und Leitern sind in dieser Region unvermeidlich. Und so ging es dieses Jahr noch extremer weiter. Die für mich größte Herausforderung war die Rotkehlchenstiege, die durch eine Felsspalte nach oben führt. Ab und zu waren gab es kleine Stufen, in die man gerade mal den Vorfuß setzen konnte. Mit den Händen musste man sich am nackten Fels festhalten, manchmal gab es Baumwurzeln, die als Haltegriffe dienten. An zwei Stellen dachte ich, ich schaffe das nicht. Aber es war klar, daß eine Umkehr ganz und gar unmöglich war. Es blieb nur hochkonzentriertes Weiterkraxeln. Schließlich kamen wir auf einem Plateau an und konnten verschnaufen. Meine Tochter sagte, es sei doch ein sehr erhebendes Gefühl, diese steile Stiege geschafft zu haben. Da kann ich ihr aus ganzem Herzen zustimmen. Während wir uns erholten, kam mit viel Lärm und Lachen eine ca. 30köpfige Gruppe junger Männer die Stiege hoch, offensichtlich völlig problemlos, und nahm dann ohne Pause die nächste Steigung, auch wieder mit sehr viel Getöse. Die hatten jedenfalls deutlich mehr Kondition als wir. Eine Frau, die nach uns hochgestiegen war, erzählte uns, daß diese Stiege „noch gar nichts“ sei. Das Heftigste sei die Häntzschelstiege, wo Metallbügel in einem senkrechten Felskamin als Kletterhilfe dienten. Sie gab allerdings auf mein Nachfragen zu, daß sie diese Stiege nicht genommen habe. Ich habe später Fotos der Häntzschelstiege gesehen und kann nur sagen: Nein danke! Ich habe eine gewisse Höhenangst und gehe nur auf eine Leiter, wenn es unumgänglich ist. Aber hier, wo sich auf fast jedem Wanderweg die eine oder andere Leiter und Treppe findet, musste ich mich viele Male überwinden und stellte nach neun Tagen eine gewisse Gewöhnung bei mir fest. Meine Strategie dabei: nie nach unten schauen, weil das den blanken Horror auslösen würde. Und möglichst auch nicht nach oben sehen, weil es entmutigend sein kann zu sehen, wie lange es noch nach oben weitergeht. Beim Abstieg besonders enger Stufen ohne Geländer ging ich mit dem Gesicht zur Wand. Das hat sich bewährt. Auf jeden Fall bewirken diese Herausforderungen, daß ich voll und ganz in der Gegenwart bin.

Das ist die Rotkehlchenstiege. Der orange Fleck in der Mitte ist meine Tochter, etwas tiefer hänge ich in den Felsen.

Bei unserer Wanderung im sehr schönen Polenztal gerieten wir in einen deftigen Wolkenbruch. Wir stellten uns unter einen Felsüberhang, aber der Regen hielt an und wir gingen schließlich weiter. Ein Regenponcho, den ich mir vor Jahren gekauft und nie benutzt hatte, kam zum Einsatz und bewährte sich.

Einen geplanten Besuch der Edmundsklamm in Tschechien, die ganz in der Nähe ist, brachen wir vorzeitig ab. Der Grenzort Hřensko schien nur aus Duty free-Shops und Parkplätzen zu bestehen. Asiatisch aussehende Männer kassierten die Gebühren und betrieben Stände, an denen allerlei Ramsch verkauft wurde. Der Zugang zur Edmundsklamm war gesperrt. Scharen von Touristen wälzten sich den Berg hoch. Wir hatten genug und fuhren zurück, nachdem wir sehr günstig getankt hatten. An der Grenze wurden wir von deutscher Polizei angehalten, die ins Auto schaute und uns dann weiterfahren ließ. Vielleicht wollten sie schauen, ob wir Flüchtlinge nach Deutschland schmuggeln. Wir waren später ein zweites Mal in Tschechien, diesmal zu Fuß. Unser Vermieter hatte uns eine Wanderung auf den Děčínský Sněžník (Hoher Schneeberg) empfohlen. Der ist der höchste Berg des Elbsandsteingebirges und auf seinem Gipfelplateau gab es eine atemberaubende Sicht auf die böhmischen Wälder und die Berge im deutschen Gebiet. Dann wanderten wir gefühlt ewig lange zum Restaurant Kristin Hrádek. Es gab große Schilder, auf denen es angekündigt wurde: zunächst mit 2 km, der nächste Wegweiser kündigte dann an, daß es nur noch 4 km seien. Wir fühlten uns ziemlich verarscht, aber wir fanden es schließlich. Der Kellner indentifizierte uns beim ersten Blick als Deutsche. Keine Ahnung, woran er das gesehen hat. Unser Vermieter hatte uns ein paar tschechische Worte beigebracht. Bei mir ist davon nur dobrý den (Guten Tag) und ahoj (Hallo) hängen geblieben. Mehr brauchte ich auch nicht, da die Tschechen, mit denen wir zu tun hatten, alle Deutsch sprachen. Diese Tour war mit neun Stunden unsere längste, nach Maatins Berechnung sind wir gut 20 km gegangen, bergauf und bergab.

Einen Tag verbrachten wir in Dresden. Das war für mich noch anstrengender als die Wanderungen über Berg und Tal. Ich mag das Pflastertreten einfach nicht mehr. Wir fanden aber in der Neustadt ein schönes Café mit leckerem Vollkornkuchen und sehr gutem Kaffee. Später saßen wir auf der Wiese an der Elbe. Auf einem großen Markt, der gerade abgebaut wurde, konnten wir gut aussehende und preiswerte Pfifferlinge kaufen. Lebensmittel sind im Osten recht billig. Die Menschen haben hier 25 Jahre nach der Wende immer noch weniger Geld als im Westen.

Natürlich gingen wir wie im letzten Jahr den zauberhaften Pfad an den großen schweigenden Steinriesen entlang. Ich verrate seinen Namen nicht; er steht auch nicht in meinem ansonsten sehr ausführlichen Reiseführer. Wir sahen dort nur einen einzigen Menschen, dafür zeigten sich Blindschleichen und Eidechsen. Wir hörten den Kolkraben zu, die mit sonorem Kroh Kroh über die Schluchten flogen. Zweimal fielen ganz in der Nähe krachend tote Fichten um, die wie Riesenmikadostäbe überall herumliegen. Auf den Flächen, auf denen das große Feuer vor drei Jahren gewütet hat, wächst der neue Wald ganz von allein. Das Leben setzt sich immer wieder durch, die Spuren der Vernichtung sind bedeckt vom fröhlichen Grün der Birken. Wie im letzten Jahr war ich ganz beglückt vom Konzept der Nationalparkverwaltung, die Natur hier Natur sein zu lassen, weil sie es einfach am besten weiß. Ich wünsche mir so sehr, daß sich dieses Konzept auch in allen anderen Lebensbereichen durchsetzt. Übrigens fiel mir auf, daß es weit und breit weder die völlig unökologischen Windräder noch Photovoltaikanlagen gab, mit denen der Westen verschandelt wird. Später erfuhr ich, daß man sich bewusst aus Landschaftsschutzgründen dagegen entschieden hat.

Eine der gemäßigteren Treppen auf den Katzstein, links befindet sich eine Katzenskulptur.